Im Aufwind: Karoline Herfurth in aller Munde

Karoline Herfurth Aufwind
Karoline Herfurth Aufwind(c) AP (Franka Bruns)
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Der deutsche Schauspieljungstar ­Karoline Herfurth im Gespräch über die Tricks von Filmfiguren, Politik als Erholung und Giacometti als Retter in der Not.

TIPP

Der Name Karoline Herfurth mag nicht vielen ein Begriff sein. Aber die Mirabellen, die lassen es meistens klingeln. Denn wenn man sagt, dass Karoline Her­furth das Mirabellenmädchen, jene schöne Rothaarige, die dem Duftkiller Grenouille im Film „Das Parfum“ als Erste zum Opfer fällt, gespielt hat, dann ist alles klar. Ihr erstaunlich intensives, ein bisschen morbides, dabei wortloses und so kurzes Spiel prägte sich mehr ein als alles andere in dem Film. 

Das Echo ließ nicht lange auf sich warten. Die Erwartungen der Medien an die Schauspielerin, deren sommersprossige Feengleichheit nicht euphorisch genug beschrieben werden konnte, waren nicht gerade niedrig gesteckt. Sie werde den deutschen Film retten, hieß es. Herfurth sagt dazu: „Ich bin mir nicht sicher, ob der geret­tet werden muss.“ Und: „Heute ist man sehr leichtfertig mit Superlativen. Bevor nicht meine beste Freundin wüsste, wer ich bin – wenn sie mich nicht sowieso kennen würde, schlechtes Beispiel –, bin ich kein Star. Und die kennt gerade mal Til Schweiger.“

Vor dem „Parfum“ hatte Herfurth in Teenagerfilmen wie „Crazy“ und „Mädchen, Mädchen“ gespielt, danach in der Hollywood-Produktion „Der Vorleser“. Aber die weite Welt interessiert die Schauspielerin gar nicht so. Lieber begann sie mit einem Politik- und Soziologiestudium. Warum gerade Politik? „Weil ich keine Ahnung von Politik habe.“ Bitte wie? „Ich bin der Souverän in diesem Staat, ich muss wissen, was ich tue. Ich bin verantwortlich dafür, wen ich wähle. Da muss ich doch erst mal wissen, was es bedeutet. Ich kann schon verstehen, wenn die Leute politikverdrossen sind, denn es ist ja alles so unübersichtlich. Man weiß nicht, wie viel man mitentscheiden kann, und wenn etwas entschieden wird, welche Auswirkungen es auf den Alltag hat. Wenn ich dage­gen bin, dass eine bestimmte Steuer eingehoben wird, weiß ich gar nicht, was da alles dranhängt. Mittlerweile brauchst du für alles ein Studium, um es zu kapieren.“

Deshalb liest Karoline Herfurth in der Zeitung auch immer den Politikteil zuerst: „Klar. Zum Kulturteil komm ich nie.“ Da würde sie dann lesen, in welchem Film sie jetzt ins Kino kommt. Und zwar in dem Roadmovie „Vincent will Meer“. 

Dünne Körper. Da spielt Herfurth die magersüchtige Marie, eine Rolle, der sie sich nur schwer öffnen konnte: „Diese Krankheit finde ich so erschre­ckend, weil da so viel Selbsthass und Selbstzerstörung drinsteckt. Mein Unterbewusstsein hat da eine ganz harte Schranke aufgebaut und gesagt: Nein, dahin gehst du nicht.“ Doch geklappt hat es mit einem Trick aus der Schauspielschule: „Da haben sie uns immer gesagt, die wichtigste Kunstrichtung für die Schauspielerei, also als Inspiration, ist die Malerei. Und ich dachte immer: ja, ja, bla, bla. Dann bin ich in New York gewesen, im Museum of Modern Art, und bin in einen Raum gekommen mit lauter Giacometti-Figuren. Und ich dachte, die sehen genauso aus wie die Fotos von diesen magersüchtigen Mädchen!“

Herfurth hat sich die Körperhaltung angeeignet und andere Kunstwerke aus dem Moma in ihr Script geklebt: „eines für ihre Angst im Krankenhaus, eines für die Liebe, eines für das ­Essen. Ich hab einen Weg gefunden, der nicht durch meine Seele ging, sondern außenrum.“
Diesen Umweg ging sie wohl auch, weil ihre vorige Rolle, die Schwester eines Selbstmörders in „Im Winter ein Jahr“, ihr fast zu weit in die Seele gerutscht wäre: „Die hat mich überrollt. Das Thema Tod stand plötzlich vor meiner Tür und hat mich komplett umgehaut. In meiner Fami­lie und meinem Umfeld ist noch niemand Nahestehender gestorben, und ich stellte fest: Stimmt, man stirbt ja irgendwann mal.“ Die 26-Jährige musste daran arbeiten, sich „wieder abzukapseln. Da kann einen die Figur ganz schön austricksen.“ Um sich aus der grauen Wolke ihrer Rolle zu befreien, hat sie sich damals übrigens mit Bibi-Blocksberg-Kassetten, Donald-Duck-Comics und der kompletten „Friends“-Serie auf DVD beholfen.

Blaue Flecken. Weniger Probleme dürfte ihr Part in dem Vampirfilm gemacht haben, der im Herbst in die Kinos kommen soll, außer: „Ich habe so viele blaue Flecken gehabt wie nie in meinem Leben.“ So offen und nachvollziehbar wie Karoline Herfurth sprechen Schauspieler selten über Arbeitsmethoden. Dafür ist die Berlinerin umso vorsichtiger, wenn es um private Informationen geht. Da sind zwar aus ihrer Kindheit ein paar nette Schnurren bekannt, etwa dass sie in einem Kinderzirkus war und ihr Spezialgebiet das Trapez war.

Aber als Erwach­sene hält sie sich lieber bedeckt. Auch den Blog, den sie geführt hat, hat sie eingestellt: „Der Blog war eigent­lich sinnlos: Ich hab zu wenig Mitteilungsbedürfnis, und die Sachen, die interessant sind, die will ich nicht schreiben. Dann hab ich halt wieder ein Kleid an und lauf über den roten Teppich, aber sonst ist mein Beruf auch einfach langweilig …“ Und wenn es Karoline Herfurth doch wieder zu viel wird, kann sie ja auf die Uni radeln: „Als Schauspieler steht man immer im Fokus. Ich finde es extrem erholsam, mich mit Dingen zu beschäftigen, die mit mir persönlich jetzt erst mal nichts zu tun haben.“ Sozusagen Urlaub im vollen Hörsaal.

Vincent will Meer ab 23. 4. im Kino, www.vincent.film.de

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