Lokalaugenschein: Bock auf Film

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"Die verrückte Welt der Ute Bock" - der Film handelt von der wahren Geschichte einer armenischen Flüchtlingsfamilie, die bei der Flüchtlingshelferin Ute Bock Unterschlupf findet. Dabei spielt Ute Bock sich selbst.

"Es ist mein erster Urlaubstag“, sagt Roland Düringer an seinem ersten Arbeitstag. Obwohl, „Arbeit“ will der Kabarettist die Dreharbeiten nicht nennen. Sondern eher „eine Selbstverständlichkeit“. Denn Düringer hat eine Nebenrolle im neuen Film „Die verrückte Welt der Ute Bock“ von Regisseur Houchang Allahyari. Und für Ute Bock opfere er gerne seinen Urlaubstag.

Der Film handelt von der wahren Geschichte einer armenischen Flüchtlingsfamilie, die bei der Flüchtlingshelferin Ute Bock Unterschlupf findet. Dabei spielt Ute Bock sich selbst – und wird unterstützt von Josef Hader, Karl Markovics, Andreas Vitasek, Dolores Schmidinger und eben Roland Düringer, der heute einen Bauherren mimt.

Der Wind pfeift durch die Große Sperlgasse in der Wiener Leopoldstadt, wo sich Bocks Verein befindet. Die Dreharbeiten finden draußen statt. Dass sich Regen ankündigt, scheint niemanden zu stören. Auch sonst ist der Dreh locker und unkompliziert: Die Straße ist weder gesperrt, noch deuten andere Zeichen darauf hin, dass hier ein Film entsteht. Man improvisiert, und dass es entspannt zugeht, dürfte auch im Interesse des Regisseurs Allahyari liegen. Er greift nur sporadisch in die Szenen ein, organisiert Gemüselaibchen zu Mittag und sagt sogar kurz vor einem Szene-Dreh: „Ihr könnt's eh reden, was ihr wollt's.“

Es gebe zwar ein Drehbuch, erzählt Allahyari später, aber das soll nur als Rahmen dienen. Die Gespräche entwickeln sich spontan. „Ute Bock ist schließlich keine Schauspielerin“, sagt der Regisseur, „ich kann ihr keine Regieanweisungen geben.“ Trotzdem wird Bock bereits nach einigen Minuten Dreh gelobt: „Ich habe mit Profis gearbeitet, mit denen ich eher gelitten habe“, sagt ein gut gelaunter Düringer.

Dreharbeiten wie diese, wo Spontaneität und Improvisation im Vordergrund stehen, seien viel zu selten, klagt der Kabarettist und nascht an seinen Weintrauben. Die sind übrigens neben seinem (eigenen) Auto die einzigen Requisiten in dieser Szene.

Bei so viel Improvisation kann es schon einmal vorkommen, dass eine Nachbarin in die Filmszene platzt, um Ute Bock von ihrem Fußleiden zu erzählen. Einer anderen Nachbarin muss Bock jedoch abwinken: „Ich kann jetzt nicht“, ruft sie über die Straße, „ich bin im Film.“

Der iranisch-stämmige Regisseur und Psychiater Allahyari („Geboren in Absurdistan“) hat mit seinem Sohn Tom-Dariusch in den vergangenen zwei Jahren die Dokumentation „Bock for President“ gedreht. Es habe viele Szenen gegeben, die man im Rahmen einer Doku nicht zeigen konnte, erklärt Allahyari die Motivation für diesen Film. Zudem soll diesmal auch die humoristische Seite von Bocks Arbeit dargestellt werden. Eine Fortsetzung der Dokumentation sei „Die verrückte Welt der Ute Bock“ jedoch nicht.

Die zweite Szene spielt in einem Café am anderen Ende der Sperlgasse. Der Wind weht stärker und wird immer noch ignoriert. Bevor die Kamera läuft, scherzen die zwei Darsteller – und kommen trotzdem auf ernste Themen zu sprechen. „Die Zeiten sind schlechter geworden“, sagt Bock. Sie erzählt die Geschichte einer jungen, tschetschenischen Familie, die von einem Tag auf den anderen ihre Wohnung verlassen musste.

„Ich bin ein Kümmerer“, sagt die 68-Jährige fast entschuldigend. Die gelernte Erzieherin macht auch jetzt, in ihrer Pension, das, was sie in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat: Sie hilft. Bester Beweis ist just die Rolle Düringers: Seinem Alter Ego hat Bock vor Jahren geholfen, eine Wohnung zu finden. Kurz vor Mittag ist auch die zweite Szene gedreht. Den restlichen Tag hat Bock drehfrei. „Pause?“ Fast ungläubig schaut sie auf das Filmteam und antwortet: „Ich muss arbeiten.“ Dann geht die ruhelose Ute Bock die Straße entlang zu ihren Familien.

Auf einen Blick

Filmdreh. Zurzeit wird in Wien der Film „Die verrückte Welt der Ute Bock“ von Regisseur Houchang Allahyari gedreht. Dabei spielt Ute Bock sich selbst. Der Film kommt am 4.November in die Kinos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2010)

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