Am Filmset: Hörbiger als "Schreckschraube"

Filmset Hoerbiger Schreckschraube
Filmset Hoerbiger Schreckschraube(c) ORF (Ali Schafler)
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Christiane Hörbiger, Veronica Ferres und Mario Adorf in der ARD/ORF-Verfilmung des Pavel Kohout-Romans "Die lange Welle hinterm Kiel". Zu sehen ist der Fernsehfilm voraussichtlich im Herbst 2011.

Christiane Hörbiger ist nicht gerade begeistert von ihrer Rolle in „Die lange Welle hinterm Kiel“, der ORF/ARD-Verfilmung des gleichnamigen Romans von Pavel Kohout. Im Gegenteil, sie gibt sogar offen zu: „Ich finde diese Figur schrecklich. Es ist eine verbitterte alte Frau, die kleinlich und hartherzig ist.“ Einzig der Regisseur Nikolaus Leytner („Ein halbes Leben“) konnte sie dazu überreden, die Rolle der Margarete Kämmerer zu spielen, die Hörbiger „eine Schreckschraube“ nennt. Sie fühle sich bei Leytner in „guten Händen“, da seine Figuren nicht nur gut oder nur böse seien, sondern menschlich verständlich gezeigt werden.

Zu sehen ist der Fernsehfilm mit der Grande Dame der österreichischen Theater- und Filmwelt sowie mit Mario Adorf, Veronica Ferres und Christoph Letkowski voraussichtlich im Herbst 2011. Die Dreharbeiten in Wien sowie auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer und in Sri Lanka wurden soeben abgeschlossen. Die Geschichte bietet genug Stoff für eine schöne Herz-Schmerz-Story, die gut zum Sendetermin Herbst passt.


Der Plot: Auf einem Kreuzfahrtschiff treffen zwei Menschen aufeinander, die während eines historischen Konflikts auf zwei konträren Seiten standen. Margarete Kämmerer (Hörbiger), eine Vertriebene aus dem Sudetenland, trifft auf den ehemaligen tschechischen Regierungsbevollmächtigten Martin Burian (Mario Adorf). Burian ließ nach Kriegsende deutsche Männer umbringen, darunter auch Kämmerers ersten Ehemann. Der wiederum war ein Nationalsozialist und hat auch Burians Bruder auf dem Gewissen. Da das Ganze auf einem Schiff spielt, sind die beiden gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, und tun das mehr oder weniger über ihre Mitreisenden.

„Es ist eine dramaturgisch gute Lösung, dass zwei Hauptfiguren fast gar nicht miteinander kommunizieren können und darauf angewiesen sind, ihren Konflikt durch zwei andere Figuren auszutragen“, sagt Adorf im Hinblick auf Kämmerers Neffen Sigi (Christoph Letkowski) und Burians Schwiegertochter Sylva (Veronica Ferres).

Für die Romantik sorgt die Geschichte zwischen dem jungen Sigi und Sylva, die sich, nachdem sie Mann und Kind verloren hat, in die Fluten stürzen möchte. „Es hat mich gereizt, eine potenzielle Selbstmörderin zu spielen, die durch einen 20-jährigen Liebhaber zurück ins Leben geholt wird“, sagt Ferres, die, wie alle ihre Kollegen, das hochkarätige Team lobt.

Besonders freut Ferres die Zusammenarbeit mit Christoph Letkowski, den sie im Sommer bei einer Märchen-Verfilmung kennengelernt hat. „Damals habe ich eine böse Hexe gespielt, die die Männer täuscht. Aber er ist ihr immer entkommen.“ Für die Kohout-Verfilmung hat Ferres den jungen Schauspieler vorgeschlagen – erfolgreich. „Diesmal entkommt er mir nicht“, sagt sie und lacht.

Während sich Ferres' Figur über eine positive Wandlung freuen darf, ist das bei Hörbigers „Schreckschraube“ nicht der Fall. „Die einzige Wandlung, die sie durchmacht, ist, als sie merkt, dass ihr Neffe auch ein Mensch ist“, sagt Hörbiger, die sich für die Rolle ihre Haare grau gefärbt hat. „Ich musste mich total verwandeln, äußerlich, weil ich sonst die Sätze, die diese Frau sagt, nicht über die Lippen gebracht hätte“, sagt sie, während sie ihre Ingwer-Tee-Mineralwasser-Mischung trinkt. „Wenn schon diesegrauenhafte Figur, die ich zum Glück nicht privat bin, dann muss man sich auch optisch ändern“, sagt sie, um anschließend zu versichern, sich sofort nach Drehschluss umfärben zu lassen.

Angst hat Hörbiger immer noch bei ihrer Arbeit, wenn auch eine „gesunde“, wie sie es nennt. „Wenn mich jemand fragt, ob die Dreharbeiten Spaß machen, muss ich sagen, mir macht das keinen Spaß. Den habe ich erst nach dem letzten Drehtag. Davor gibt es eine gesunde Aufregung und Angst, nicht zu bestehen. Aber ich habe eine Freude an meiner Arbeit, sie macht mich glücklich.“

Auf einen Blick

Die TV-Adaption „Die lange Welle hinterm Kiel“ des gleichnamigen Pavel-Kohout-Romans wurde soeben unter der Regie von Nikolaus Leytner nach dem Drehbuch von Klaus Richter abgedreht. Die Produktion der Mona Film, im Zusammenarbeit von ARD und dem ORF, wird voraussichtlich im Herbst 2011 ausgestrahlt. Neben Christiane Hörbiger sind auch Veronica Ferres, Mario Adorf und Christoph Letkowski in der Romanverfilmung rund um Schuld und Sühne, Liebe und Vergebung zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2010)

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