„Filmen, wie es Hollywood nicht will“

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Filmemacher und Effektespezialist Gareth Edwards über sein originelles Regiedebüt „Monsters“, haarsträubende Dreharbeiten und Profi-Animation am Heimcomputer.

Die Presse: Ihr erster Film „Monsters“ hat im vergangenen Jahr für ziemlichen Wirbel gesorgt. Fühlen Sie sich wohl, wenn Sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen?

Gareth Edwards: Wir hatten einfach irrsinnig viel Glück: Als wir in Zentralamerika gedreht haben, wussten wir nicht einmal, ob der Film überhaupt auf den Markt kommen wird. Diese Angst, dass niemand den Film wird sehen wollen, hat uns angetrieben.

Kinder fantasieren von und beschäftigen sich mit Monstern. Speist sich Ihr Film aus Kindheitserinnerungen?

Ich bin in den Achtzigerjahren aufgewachsen. Also haben mich wohl Filme von Steven Spielberg und Joe Dante am meisten beeinflusst: Gremlins oder Explorers. Die Kinder in diesen Filmen haben sich auch immer alte Science-Fiction-Schinken wie Krieg der Weltenoder Die Dämonischen angesehen: Da ich so sein wollte wie sie, hab ich mir diese Filme aus der Videothek geholt. Diese Geschichten haben mich sehr geprägt.

In diesen alten Filmen waren die Außerirdischen zentral. In „Monsters“ bleiben sie allerdings im Hintergrund.

Es fühlt sich fast so an, als hätte ich ein Verbrechen damit begangen, einen Außerirdischen-Invasionsfilm gemacht zu haben, der nicht mit der Invasion beginnt und mit dem Ende der Außerirdischen oder der Menschheit aufhört. Aber wäre so etwas wirklich passiert, dann würde man nach dem Ende keine Filme über Invasionen oder die Apokalypse machen, sondern über Momente, in denen Menschen etwas zugestoßen ist, was ihr Leben verändert hat. Ich habe genug von „Da kommt etwas auf uns zu. Holen wir die Armee!“-Filmen. In den Fünfzigern war das cool, heute ist es nur mehr peinlich. Ich wollte einen Film, wie ihn Hollywood nicht machen kann oder will: fast ziellos, an Originalschauplätzen und nicht im Studio gedreht. Der Realismus wird über die dramatischen Elemente gestellt.

Die Monster haben Sie selbst entworfen und programmiert. Wie sind Sie zur Computeranimation gekommen?

Mein ehemaliger WG-Genosse ist schuld! Er studierte Animation; als ich mit ihm meinen Abschlussfilm machte, öffnete mir das die Augen: Was mit einem normalen Heimcomputer in puncto Computeranimation machbar ist. Das war 1996! Man kann schneiden, 3-D-Animationen, Explosionen usw. kreieren. Niemand scheint sich dessen bewusst zu sein. Es überrascht mich, dass es nicht zehntausende Filme wie den unsrigen gibt. In meinem Kopf fand ein Wettrennen gegen alle anderen jungen Typen statt, die mit dem Heimcomputer Monsterfilme drehen. Also entschied ich mich für die Computeranimation und arbeitete für das Fernsehen.

Sie sind Brite, aber der Film spielt im Grenzland zwischen USA und Mexiko.

Wir haben auch Europa und Australien in Erwägung gezogen: Mir war wichtig, dass die Wildnis direkt neben einem westlichen Ballungsraum liegt. Die Produzenten votierten für Mexiko/USA, auch als kommerziellste Lösung. Mexiko war mir aber schon viel zu entwickelt, den USA viel zu ähnlich. Daher haben wir auch in Guatemala, Belize und Costa Rica gedreht.

Sie gingen nur mit einem ungefähren Drehbuch an diese exotischen Orte. Das war sicher aufregend.

Oh, ja. Welche haarsträubende Geschichte wollen Sie hören?

Alle!

In einer Stadt namens Flores etwa gab es einen Schusswechsel vor dem Hotel, in dem meine Cutter gerade das Filmmaterial am Laptop schnitten. Sie mussten in Deckung gehen. Bei einem Gefängnisaufstand waren Häftlinge entkommen – und sie haben andere Gefangene geköpft. Es gibt eine Filmszene, in der die Schauspieler vom Boot steigen, und man sieht Typen mit Maschinengewehren das Benzin bewachen. Tatsächlich sind das unsere Bodyguards: von der Regierung kostenlos zur Verfügung gestellte Polizisten. Niemand wollte, dass wir erschossen oder entführt werden.

Was wollen Sie als Nächstes machen?

Ich finde, man kann immer zum unabhängigen Guerilla-Stil zurückkehren, da es so günstig ist. Daher will ich's jetzt mal mit Hollywood versuchen. Wenn man Filmemachen mit Fußball vergleicht, wie soll man es da ablehnen, im Weltcup-Finale zu spielen?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2010)

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