"Dickste Freunde": Autos, Stars und gute Freunde

(c) AP (Chuck Hodes)
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Winona Ryder feiert ihr längst überfälliges Comeback in "Dickste Freunde" - einer auch sonst sehenswerten Hollywood-Komödie von Regisseur Howard. Vince Vaughn und Kevin James auf dem Weg in moralische Dilemma.

Neben Horrorfilmen sind Komödien das moralischste aller Filmgenres: In beiden geht es um Grenzüberschreitungen, um ein Spiel mit niederen Instinkten und um das Freilegen von verdrängten Gefühlen. Scham, Angst, Schadenfreude: Die Dilemmata des zwischenmenschlichen Zusammenlebens regieren nicht nur im RTL-Dschungelcamp, sie sind Grundzutaten jedes Komödienstoffs.

„Dickste Freunde“ nennt Hollywood-Regisseur Ron Howard („Sakrileg“) seine aktuelle Produktion und meint damit die Körperkomiker Vince Vaughn und Kevin James (bekannt als „King of Queens“). Die beiden verhandeln mit einem großen Automobilhersteller, um dessen politisch korrekte, aber ästhetisch verunglückten Elektroautos zu umweltfreundlichen Nostalgie-Boliden mit laut heulendem Motor umzurüsten. In ein paar Wochen soll ein Prototyp darüber entscheiden, ob die beiden Autofreaks den Auftrag erhalten oder nicht. Altes Fahrgefühl will mit neuester, umweltschonender Technologie vermählt werden: Es geht also um die Verschränkung zweier Welten, darum, verantwortungsvoll und zugleich ungebremst hedonistisch zu leben. Ein Thema, das auch im Privatleben der beiden Männer eine Rollespielt: Während Ronny (Vaughn) in einem botanischen Garten den Heiratsantrag an seine Beth (Jennifer Connelly) vorbereitet, beobachtet er die Frau (eine sensationelle Winona Ryder) seines besten Freundes (Kevin James) dabei, wie sie sich mit einem muskulösen, tätowierten Burschen (Channing Tatum) vergnügt. Ronnys Dilemma: Erzählt er seinem Kumpel davon, wird dessen Arbeitsleistung als Chefingenieur in den Keller rasseln und die Freiberuflern den hoch dotierten Auftrag kosten. Behält er den Vertrauensverrat für sich, dann ist er um nichts besser als die Seitenspringerin.

Talentierter Körperkomiker: Vince Vaughn

Drehbuchautor Allan Loeb („Wall Street“) spannt diese Grundsituation in einen Schraubstock ein: Mit jeder Minute wird die Situation für Ronny schmerzhafter, auswegloser, vertrackter. Vaughn, einer der talentiertesten Körperkomiker Hollywoods, legt sein ganzes Gewicht und damit fast schon zu viel in die klassische Tölpelrolle. Im Besonderen seine Momente mit der zierlichen Winona Ryder, die mit „Dickste Freunde“ ihr längst überfälliges Comeback feiert, wirken ungelenk: Während sie fein nuancierte Routinen liefert, sausen Vaughns Extremitäten durch die Luft, als gäbe es kein Morgen.

Ähnlich zerrissen ist Howards Inszenierung: Als Regisseur hat er seine Karriere in den 70er-Jahren unter B-Film-Papst Roger Corman begonnen, sich dann aber recht schnell als Hollywoods bravster Hochkonzeptfilmer etabliert. „Dickste Freunde“ ist eine ungewöhnlich konturlose Arbeit für ihn: ein Film ohne hoch fliegende inszenatorische Spompanadeln, ohne reizthematischen oder popkulturell wertvollen Hintergrund und mehrmonatige Merchandising-Offensiven. 70 Millionen Dollar hat er dennoch gekostet, ein Gutteil des Budgets dürfte in Automodelle und Stargagen geflossen sein.

Schwerer als die Konzeptlosigkeit wiegt, dass Howard als Regisseur von Multimillionendollar-Filmen jede Feingliedrigkeit in der Regie abgelegt hat. Recht ungeschickt pendelt er in „Dickste Freunde“ zwischen Slapstick-Momenten und erwachsenerem Humor. Unterm Strich kommt dennoch eine sehenswerte Komödie heraus: Das liegt nicht zuletzt am launigen Drehbuch und den gut aufgelegten Darstellern, die selbst den vielen Hochglanzmomenten (Autos hier, Autos dort, Kamerafahrt hier, Kamerafahrt dort) noch ein wenig Textur und Persönlichkeit verleihen. Nach diesem kurzen Ausflug ins vergleichsweise kostengünstige Komödienfach bastelt Ron Howard, der Regisseur mit dem rostroten Haar, ohnehin schon am nächsten Großprojekt: Als Produzent und Regisseur will er Stephen Kings epischen Romanzyklus „The Dark Tower“ gleichzeitig für Kino und Fernsehen adaptieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2011)

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