Johannes Zeiler: Jetzt wird alles leichter

Die Viennale zeigt Alexander Sokurovs gefeierten "Faust"-Film mit Johannes Zeiler, der als Doktor die Rolle seines Lebens spielt. Ein Gespräch.

TIPP

Meist wirkt er nachdenklich und abwesend, selbst wenn er sich freut, huscht nur ein kurzes Lächeln über sein Gesicht: Der Schauspieler Johannes Zeiler, der den „Faust“ im gleichnamigen Film von Alexander Sokurov spielt, der heuer in Venedig den Goldenen Löwen errungen hat, ist ein ernster Mensch, der wie der Filmheld schon viel ausprobiert hat. Der renommierte russische Regisseur Sokurov überrascht mit einer nicht bloß freien, sondern nonkonformistischen Interpretation des Goethe-Stoffs, in dem er vor allem die humoristische Seite entdeckt. Diese verdankt sich aber weniger der Titelfigur, von Zeiler mit Intelligenz und Selbstbewusstsein verkörpert, sondern seinem Antagonisten. Der heißt hier pointierter Weise nicht Mephistopheles, sondern wird nur als „der Geldverleiher“ ausgewiesen. Der russische Clown Anton Adasynski spielt ihn als fantastisch-komische Figur mit bleichem Gesicht und Flatulenz-Anfällen. Das Resultat ist eine der originellsten Faust-Interpretationen der Filmgeschichte: keine staubige Klassikeradaption, sondern eher ein fantasievoller Film mit anspruchsvollen Tendenzen.

Der Hauptdarsteller freilich ist weder Russe noch Deutscher. Johannes Zeiler wurde im steirischen Vorau geboren und studierte in Wien am Reinhardt-Seminar. Er spielte an deutschen Bühnen, im Wiener Schauspielhaus, vor allem den Bruno Kreisky. Außerdem war er in Kinofilmen wie Robert Dornhelms „Der Unfisch“, Götz Spielmanns „Revanche“ zu sehen. Er ist auch immer wieder in TV-Serien zu erleben, in „Schnell ermittelt“, „Tatort“, „Soko Kitzbühel“ oder in der neuen Reihe mit Harald Krassnitzer: „Der Mediator.“ Im Interview erzählt Zeiler von der spannenden Arbeit am „Faust“-Film, von seinen Plänen und seinen Entspannungsritualen.

Wie waren die Dreharbeiten zum „Faust“-Film?

Wir haben insgesamt knapp drei Monate gedreht, in Island und in Tschechien. In Island waren wir Ende Oktober, Anfang November. Da hast du natürlich nur mehr einen begrenzten Raum an Daylight, aber den konnten wir optimal nutzen, weil wir unglaubliches Glück mit dem Wetter hatten. In Island spricht die Natur für sich. Der Vulkanausbruch war später.

Ein multinationales Ensemble wirkt im „Faust“-Film mit. Sprechen Sie russisch? Wie war die Kommunikation?

Ich fühlte mich unglaublich verwöhnt von diesen wunderbaren Schauplätzen, den Drehbedingungen überhaupt. Die Bühnenbildner haben bis ins letzte Detail die Faust-Stadt nachgebaut, kombiniert aus drei verschiedenen Orten. Ich spreche nicht russisch, es wurde übersetzt, aber mit der Zeit habe ich die russischen Anweisungen und Kommandos trotzdem verstanden.  Ein paar Worte lernt man immer in so einer langen Zeit. Wenn es Diskussionen oder Streitigkeiten gab, habe ich das  allerdings gar nicht so mitbekommen. Das war beruhigend und entlastend. Die Dolmetscherin, die auch das Drehbuch übersetzte, hatte ein sehr gutes Gespür, was der Regisseur meint und wie man es am besten überträgt. Sokurov hat aber auch seinerseits ein sehr gutes Gefühl für die deutsche Sprache und weiß, wie er den Text auf deutsch behandelt haben will.“

Sie sind auf dem Sprung nach London?

Ja, momentan ist alles etwas stressig, aber wir werden das schon hinkriegen. Ich fahre zur Premiere des „Faust“-Films beim internationalen British Film Institute Festival, wo ich gemeinsam mit dem Gretchen, Isolde Dychauk, auftreten werde. Dychauk ist gerade sehr erfolgreich mit ihrer Borgia-Serie unterwegs. Danach bin ich bei der Viennale. Dann fliege ich nach Los Angeles, um die US-Premiere des „Faust“-Films zu präsentieren. Dann treffe ich mich mit Detlev Buck, der den Roman von Daniel Kehlmann, „Die Vermessung der Welt“, verfilmt. Ich spiele keine von den Hauptrollen, für Alexander von Humboldt bin ich leider zu alt. Aber ich habe eine kleine, sehr feine Rolle am Schluss, kurz bevor die Wege von Carl Friedrich Gauß und Humboldt komplett auseinander gehen und die Geschichte dann mit dem Leben des Sohnes von Gauß endet.

Sie haben auch in dem TV-Epos „Die Wanderhure“ gespielt.


Ja, da gibt es eine weitere Fortsetzung „Die Rache der Wanderhure“, ich glaube, die kommt nächstes Jahr ins Programm. Künstler soll man nie danach fragen, wann ihre Filme zu sehen sind, das weiß man nie, wann etwas fertig ist und gezeigt wird. Aber sicher ist, dass der „Faust“-Film bald offiziell in Österreich anlaufen wird, auf jeden Fall noch in diesem Winter.

Sie spielen auch wieder Theater, im kommenden Februar, Molières „Geizigen“ in einer originellen Version von PeterLicht, der den Publikumspreis beim Bachmann-Wettbewerb gewonnen hat. Wie wird diese Aufführung im Schauspielhaus?

Ich kann noch nicht so viel darüber sagen. Ich habe das Stück gelesen, es ist sehr schnell geschrieben, Dialoge wechseln mit langen Monologen. Das finde ich rhythmisch sehr spannend.

Sie sind jetzt viel unterwegs, mögen Sie das?

Ich mache das sehr gern, aber man muss aufpassen, dass einem nicht alle Energie flöten geht, es ist schon sehr anstrengend.

Wie entspannen Sie sich?

Ich lese, gerade habe ich Sibylle Lewitscharoffs Roman über den Philosophen Hans Blumenberg fertig - und jetzt werde ich mich mit seinem Werk beschäftigen. Ich gehe laufen und ins Fitness-Studio und meine zwei Mädchen, drei und sieben, halten mich natürlich auch auf Trab. Die Familie ist ganz wichtig!

Was wünschen Sie sich von Ihrem neuen Leben als Berühmtheit?

Ich hoffe und nehme an, dass jetzt alles leichter wird.

Alexander Sokurovs "Faust" ist bei der Viennale am 28.10. um 11 Uhr im Künstlerhaus-Kino zu sehen. Restkarten: 30 Minuten vor Beginn. viennale.at

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