„ParaNorman“: Als Puppen sind Zombies niedlich

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Die neue computerunterstützte Produktion des US-Studios Laika zeigt eine Außenseitergeschichte als Horrorfan-Erlebniswelt. Alles verläuft gemäß der Genreregeln, die Schöpfer von „ParaNorman“ sind selbst sichtlich Fans.

Wenn der Teenager Norman morgens in die Schule geht, sieht er ungewöhnliche Dinge: zum Beispiel die Gangster, die mit Betonpatschen im Hafenbecken versenkt wurden, oder die Dame mit dem Fallschirm, die abgestürzt ist und vom Ast eines Baums aufgespießt wurde. Norman grüßt sie alle freundlich: alte Bekannte. Und wenn ihn die Eltern trösten, dass seine tote Oma nun an einem besseren Ort sei, erwidert er nur, sie säße doch im Zimmer nebenan. Schließlich hat er sich gerade mit ihr einen Zombiefilm angeschaut. Und Oma hat ihm erklärt, dass sie hier geblieben ist, weil es im Paradies kein Kabelfernsehen gibt. Und weil sie versprochen hat, Norman zu beschützen.

Hier könnte sogar Bruce Willis noch etwas über Geister lernen: „ParaNorman“ heißt die neue computerunterstützte Puppentrickproduktion des US-Studios Laika, das zuletzt mit der charmant-unheimlichen Fantasie „Coraline“ aufgefallen ist. Die Zeiten haben sich geändert: Vor drei Dekaden galten Genrefilme wie „Ein Zombie hing am Glockenseil“ noch als Gefahr für die Jugend; im TV-Dokument „Mama, Papa, Zombie – Horror für den Hausgebrauch“ von 1984 sieht man bestürzte Lehrer und Eltern über verteufelte Verleihkassetten aus der Videothek debattieren.

Dabei hatte Tim Burton bereits zwei Jahre davor für Disney den kurzen Animationsfilm „Vincent“ über die makabren Tagträume eines Jungen gemacht – eine Liebeserklärung an Gruselfilme und den verehrten Genredarsteller Vincent Price. Spätere Burton-Erfolgsproduktionen wie „Nightmare Before Christmas“ oder „Corpse Bride“ machten den humorvollen Schrecken endgültig familientauglich – als animierte Puppen wurden die Monster niedlich und liebenswert, auch für jüngere Zuseher. Indes ist der Zombie selbst längst von der fleischfressenden Kinorandgestalt zum Mainstream-Futter mutiert, auch dank komödiantischer Revisionen wie „Shaun of the Dead“. Ebenfalls in diese Richtung geht die Genre-Reanimation „ParaNorman“, auch indem er eine Außenseitergeschichte quasi als Horrorfan-Erlebniswelt naturalisiert.

Denn der kleine Held Norman ist nicht nur Liebhaber von Gruselfilmen, er ist eben auch durch seine übersinnliche Vision automatisch stigmatisiert: Wenn etwa ein Hund überfahren wird, streichelt er liebevoll dessen über der Tierleiche stehenden Geist, während sich die anderen angewidert abwenden. Erst in der Stunde der Not wird Norman zum Retter: Er allein weiß, was zu tun ist, als wegen einer alten Schuld tatsächlich die Untoten – samt anderer Geister und Hexen – über sein Städtchen herfallen.

Technisch eindrückliches Design

Alles verläuft gemäß der Genreregeln, die Schöpfer von „ParaNorman“, insbesondere Autor und Ko-Regisseur Chris Butler, sind selbst sichtlich Fans. So packt weniger die Geschichte als das liebevolle, technisch eindrückliche Design der Puppenwelt, auch die Gags sind inspiriert: etwa das perfekte Verzögerungstiming der Szene, in der Zombies einen Mann attackieren, der aus dem Automaten eine Packung Chips ziehen will. Ganz langsam setzt sich die Auswurfmaschinerie in Gang, ganz langsam kommen die Zombies näher . . . und der Mann schaut hin und her und kann sich nicht entscheiden. Schön auch der Abspann: Da sieht man, wie die Stop-Motion-Puppe von Norman zusammengesetzt wird. hub

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2012)

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