„Looper“: Bruce Willis' Killer-Zeitreise

Looper
Looper(c) Concorde
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Der (über)ambitionierte Science-Fiction-Film von Rian Johnson bietet ein Charakterdrama im Genrekleid. Was heißt es, älter zu werden und trotzdem nichts zu lernen?

Zeitreisen sind möglich. Jedenfalls im Jahr 2074. Das weiß man auch schon im Jahr 2044, da sorgen sie nämlich für Beschäftigung – von Auftragsmördern! Weil die Zeitreisen eigentlich illegal sind, werden sie 2074 nur von Gangstersyndikaten benutzt: Menschen, die beseitigt werden sollen, steckt man kurzerhand mit einem Sack über dem Kopf in die Zeitmaschine und schickt sie 30 Jahre zurück in die Vergangenheit, an einen vorherbestimmten Ort. Der Killer wartet schon und schießt, sobald das Opfer auf der vorsorglich bereitgelegten Plastikdecke erscheint. Die Bezahlung sind an dessen Rücken geschnallte Silberbarren. Prompte Entsorgung der Leiche garantiert ein perfektes Verbrechen.

„Looper“ heißen diese Killer. So heißt auch der Science-Fiction-Film von US-Regisseur Rian Johnson, der zuvor mit originellen Genre-Pastiches auffiel. (Sein Debüt „Brick“ kreuzte 2006 Teenagerkino und Film Noir.) Die Hauptfigur des Films, Joe (Joseph Gordon-Levitt) ist ein „Looper“: In der unsicheren Zukunft ein attraktiver Job. Aber mit Ablaufdatum. Denn eines Tages ist das Opfer im Sack unweigerlich man selbst: Der Killer erkennt es daran, dass diesmal mit Gold statt Silber bezahlt wird. Und weiß: Damit darf er noch 30 Jahre in Saus und Braus leben, bis er zurückgeschickt wird zum tödlichen letzten Rendezvous mit sich selbst. Der schöne Berufseuphemismus dafür: „Closing the loop.“

Ein Bart wie der von Slavoj Žižek

Doch bei Joe geht es schief. Denn als er einem ohne Sack über dem Kopf aufgetauchten Opfer irritiert in die Augen blickt, weiß er – es ist sein 30 Jahre älteres Selbst, gespielt von Bruce Willis. (Dass sich die beiden Schauspieler kaum ähneln, wird mit eigenartigen Gesichtsmanipulationen an Gordon-Levitt kaschiert.) Joe drückt nicht ab, und das Chaos bricht los: Denn die Störung des sich selbst samt Zeitreiseparadoxa perfekt auslöschenden Mordsystems birgt die Gefahr der Entdeckung. Die beiden Joes werden gejagt, im Auftrag des Leiters der „Looper“-Organisation (Jeff Daniels hat die lustigsten Dialoge und den lustigsten Bart des Films: wie Slavoj Žižek). Auf einer Farm, bei einer resoluten Mutter (Emily Blunt), laufen in der unerwartet zurückhaltenden zweiten Hälfte von „Looper“ die Fäden zusammen.

Johnsons Film ist nicht nur ambitioniert, sondern überambitioniert – aber auch darin eine willkommene Ausnahmeerscheinung im aktuellen Hollywood-Kino. Der Regisseur geht mit dem Zeitreise-Genre, seinem Retro-Zukunftsambiente und überreichlichen Filmzitaten so smart um wie die Coen-Brüder, begnügt sich aber nicht mit deren Schlaumeier-Ironie.

Und die Story ist als Konzeptkino in der Manier von Christopher Nolan angelegt, will aber mehr als den hohlen Bombast von etwa dessen „Inception“: Im Kern von „Looper“ geht es nicht um die teils beeindruckend absolvierten Actionszenen, Spezialeffekte-Einlagen und abwechslungsreichen Wendungen, sondern um ein Charakterdrama in Genre-Umsetzung: Was heißt es, älter zu werden und trotzdem nichts zu lernen?

Auch weil „Looper“ am Ende etwas unglücklich eher in Richtung „Das Omen“ abzweigt, geht sich die tragische (Selbst-)Erkenntnis, die er ansteuert, nicht ganz aus – der Moment im Finale, der zutiefst bewegend sein könnte und sollte, funktioniert eher intellektuell als emotional. Doch sogar im Scheitern ist er irgendwie rührend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2012)

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