„Wish I Was Here“: Zach Braffs zweiter Spielfilm

„Wish I Was Here“
„Wish I Was Here“Constantin
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Wieder ein Schauspieler mit schwierigem Vater: „Wish I Was Here“ ist der zweite Film, den „Scrubs“-Hauptdarsteller Zach Braff gedreht hat. „Garden State“, sein erster, war besser.

Vor vier Jahren endete die Ärzteserie „Scrubs“: In den USA wurde sie von 2001 bis 2010 in neun Staffeln ausgestrahlt, die letzte, weniger erfolgreiche Staffel mit anderen Hauptfiguren lief unter dem Titel „Scrubs – Med School“. Hauptdarsteller Zach Braff wurde in der Rolle von Dr. John „J.D.“ Dorian einer der bestbezahlten TV-Schauspieler der USA. Im Vorfeld kündigte er an, sich nach Serienende mehr auf seine Regietätigkeit konzentrieren zu wollen, der er bereits mit „Garden State“ und sieben Folgen von „Scrubs“ nachgekommen war. Mit „Wish I Was Here“ hat er diese Pläne wahr gemacht und seinen zweiten Spielfilm realisiert, der zur Hälfte über Crowdfunding finanziert wurde. Wie bei „Garden State“ schrieb Braff das Drehbuch (gemeinsam mit seinem Bruder Adam) und übernahm die Hauptrolle.

Tagträume und Fantasien, ein zentrales Motiv in Braffs Arbeit, fehlen auch diesmal nicht: Bereits zu Beginn läuft Aidan Bloom (Braff selbst) in einem Raumanzug vor einem Verfolger davon. Sein Sohn, Tucker, holt den 35-jährigen Familienvater und erfolglosen Schauspieler an den Frühstückstisch zurück. Tucker und seine Schwester, Grace, müssen in die jüdische Privatschule gebracht werden, und ein Vorsprechen wartet. Seine Frau, Sarah, ernährt mit ihrem Bürojob die Familie, finanziell unterstützt von Aidans Vater, Gabe. Von einem peinlichen Casting zurückgekehrt, bei dem Aidan für eine Rolle vorzusprechen versucht hat, die für einen schwarzen Schauspieler vorgesehen war – ein erstes kleines Feuerwerk des schrägen, melancholischen Humors mit einem Gastauftritt von „Big Bang Theory“-Star Jim Parsons –, erwartet Aidan eine schlechte Nachricht. Gabe ist an Krebs erkrankt und will sein Geld in eine teure Behandlung stecken. Aidan und seine Familie sind auf sich allein gestellt.

Da sie sich die Schule nicht mehr leisten können, soll Homeschooling die finanzielle Lücke schließen. Ein Anruf reißt Aidan schließlich aus seiner Apathie: Gabes Behandlung war nicht erfolgreich, er hat nicht mehr lange zu leben. Die Zeit, die die Familie in der Folge bewusst nutzen wird, um sich anzunähern und neu aufzustellen, verändert alle Beteiligten...

Schrullig-labile Charaktere

Zach Braffs Stil, einen Reigen schrullig-labiler Charaktere zu vereinen, die mehr im Leben schwimmen als stehen, hat seinen Erstling, den Indie-Film „Garden State“, zu einem Erfolg gemacht. „Wish I Was Here“ weist Ähnlichkeiten auf. In „Garden State“ musste Hauptfigur Andrew Largeman – ebenfalls ein erfolgloser Schauspieler – sich nach dem Tod der Mutter mit seiner Vergangenheit und seinem dominanten Vater auseinandersetzen und lernen, selbstbestimmt zu leben. Auch im neuen Film gibt es einen schwierigen Vater, dessen nahender Tod Aidan zwingt, Verantwortung zu übernehmen. Hinzu kommt in beiden Werken das Thema, im Hier und Jetzt zu leben, auf das der Titel Bezug nimmt. Mit Kate Hudson als Sarah steht Braff wieder eine prominente Schauspielerin zur Seite, deren Rolle den träumerisch-verlorenen Hauptcharakter erdet.

Kontaktlinsen eines ganzen Lebens

Nach dem Kleinstadtflair in „Garden State“ liegt es jedoch nicht nur am Schauplatz Los Angeles, dass „Wish I Was Here“ weniger auf die Indie- als auf die Hollywood-Seite fällt: Zwar hat Braff nach wie vor das Talent, schräge Szenen mit philosophischen Betrachtungen und ans Herz gehenden Momenten zu einem tragikomischen Ganzen zu vereinen. In „Wish I Was Here“ taucht ein Glas mit den getragenen Kontaktlinsen eines ganzen Lebens auf, spielt der Sieg in einem Cosplay-Wettbewerb eine Rolle, soll ein Prospekt mit dem Titel „So You're Dying“ der Lebenshilfe dienen. Gleichzeitig nähert Braff sich mit seinen Figuren großen Themen wie Lebensträumen, Familienidealen, Arbeit, Glück, Spiritualität und dem Umgang mit dem Tod. Er tut dies in unaufgeregter und ehrlicher Weise, die Frische seines Erstlings erreicht er aber nicht. Sein erwachseneres Zweitwerk wirkt weniger wie aus einem Guss, am meisten aber stört der Hang zum Kitsch, der einige Szenen dominiert. Das offene Ende, das zur Stimmung von „Garden State“ so gut gepasst hat, ersetzt nun ein Feel-Good-Schluss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2014)

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