Kritik Dokumentarfilm: China kauft sich ein Markenzeichen für die Spiele

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Wie westliche Architekten das Olympiastadion bauen: „Bird's Nest“.

Ein wenig Naturromantik schwingt schon mit, wenn Jacques Herzog und Pierre de Meuron ihr Pekinger Olympiastadion als „Vogelnest“ bezeichnen. Die Schweizer Stararchitekten sind 2003 als Sieger aus dem ausgeschriebenen Wettbewerb für den Bau hervorgegangen: Innerhalb von fünf Jahren sollte die Hauptstadt der Volksrepublik China ein neues, spektakuläres Wahrzeichen gebaut bekommen.

Die Aufträge für solcherart bedeutungsvolle Bauprojekte werden immer öfter an westliche Architekturbüros vergeben: Durch Rem Kohlhaas' aufsehenerregende Konzeption des CCTV-Towers für das chinesische Staatsfernsehen oder eben Herzogs und de Meurons „Vogelnest“ kann sich Peking nun mit global etablierten „Marken“ schmücken. Denn während der Olympischen Sommerspiele wird die ganze Welt auf die Volksrepublik blicken – und sie soll etwas geboten bekommen.

Die Regisseure Christoph Schaub und Michael Schindhelm suchen in ihrer Dokumentation Bird's Nest: Herzog & de Meuron in China die komplexe Gemengelage, auf die ein von Westlern geplantes Bauprojekt wie das „Vogelnest“ bei der Durchführung vor Ort trifft, in Wort und Bild zu fassen.

Mit geringem Erfolg: Die Dramaturgie samt erklärendem Kommentar erinnert (zu) stark an Schullehrfilme mit einem fixen Ausgangs- und Endpunkt (vor bzw. nach dem Stadionbau). So klebt man an den Architekten, trifft mit ihnen Künstler, Politiker und Bauherren oder blickt aus ideenlosen Perspektiven auf den in Bau befindlichen Koloss, während an den Bildrändern die eigentlich interessanten Themen (Geschäftsverhandlungen zwischen Ost und West, Zwangsumsiedelungen) unbeachtet liegen bleiben. Damit ist Bird's Nest fast schon wieder symptomatisch für die Wahrnehmung Chinas im Westen.
„Bird's Nest: Herzog & de Meuron in China“ läuft im Topkino, ist auf DVD erhältlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2008)

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