Der Hobbit: Flammendes Finale des Schlachtens

Schlacht der fünf Heere
Schlacht der fünf Heere(c) Courtesy of Warner Bros. Enterta
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In der „Schlacht der fünf Heere“ hat Regisseur Peter Jackson die Möglichkeiten des Digitalen so ausgeschöpft wie niemand zuvor.

Wenn ein Thema in den sozialen Medien im Trend liegt, dann erhält es – von jemandem, der sich dazu berufen fühlt – einen Hashtag. #OneLastTime: Mit dem zuckersüßen Versprechen, dem das Bewusstsein über das nahende Ende innewohnt, posten Marketingoffiziere von Warner Bros. seit Wochen Bilder und Eindrücke für den dritten und letzten „Hobbit“-Film. Jetzt also, so die emotionale Konklusion, ist es so weit, und das von Kiwi-Regisseur Peter Jackson über mehr als ein Jahrzehnt hinweg konstruierte Leinwand-Mittelerde marschiert unaufhaltsam dem allerletzten Akt entgegen.

Der finale „Hobbit“ setzt dort an, wo der vorige aufhörte: Mit dem Drachen Smaug, der auf die Seestadt Esgaroth zufliegt. Jackson zieht alle Register seines Könnens: Die Tapferen wie die Feigen gehen in Flammen auf, während die digitale Kamera wie so oft in dieser Filmreihe wie ein Vogel, wie ein Drache alles von oben betrachtet, das gesamte Ausmaß der Katastrophe aufzeichnend. Selbst Hauptfiguren werden zu kleinen Punkten in dem gigantischen Wimmelbild, in dem in unwirklichen Farben schillernden Diorama, das nicht weniger will, als die Geschichte von Mittelerde so umfassend und verlustfrei wie möglich darzustellen.

Jackson wird oft als Technokrat kritisiert, der mehr an digitalen Tricks interessiert ist als an den Dingen und Menschen, die vor ihm stehen. „Die Schlacht der fünf Heere“ verehrt zwar das Analoge und nimmt fast fetischistische Züge an, etwa bei den tausenden Waffen und Kostümen. Meist ist das Faktische allerdings nur Arbeitsgrundlage für die Computerkünstler, die Meister des Virtuellen: Die Aufnahmen mit Christopher Lee, der erneut Saruman verkörpert, wurden in Großbritannien gedreht, auch da der legendäre Schauspieler körperlich nicht mehr in der Lage war, nach Neuseeland zu reisen. Dennoch steht er in der Festung Dol Guldur neben Gandalf (Ian McKellen) und Galadriel, kämpft gegen Sauron und seine Monster, sehr agil. Sollte es noch einen Mittelerde-Film geben, könnte man Saruman komplett digital erschaffen, aus all den Daten, die man von Christopher Lee bereits gespeichert hat? Vermutlich.

Von der Gier in den Wahn getrieben

Ganze zehn Seiten umfasst die „Schlacht der fünf Heere“ in Tolkiens Vorlage. Zweieinhalb Stunden Film wurden daraus: Es ist der flotteste und konzentrierteste der Mittelerde-Teile, nicht zuletzt, da er vorwiegend an einem Schauplatz spielt, in den Ebenen vor dem Einsamen Berg. Darin hat sich Thorin Eichenschild (Richard Armitage) verschanzt: Den Zwergenkönig hat die Gier nach dem Arkenstein, einem Juwel, in den Wahnsinn getrieben. Alle, die ein Stück des Schatzes wollen, etwa Elben und Menschen aus der Seestadt Esgaroth, vertreibt er. In die aufgeladene Atmosphäre platzen Orks und die anderen Sklaven Saurons, unter dem Kommando von Azog und Bolg. Der titelgebende Hobbit, Bilbo Beutlin (Martin Freeman), ist mit dabei, spielt allerdings nur die zweite Geige.

Was Jackson bei der Schlacht um Helms Klamm im Teil „Die zwei Türme“ schon eindrucksvoll machte, perfektioniert er jetzt: Weit über eine Stunde wird die Konfrontation Schicht um Schicht erfasst. Aus dem wuselnden Chaos schälen sich dann, über Action, kaum über gesprochenes Wort, die Handlungsstränge und Konfliktlinien heraus. Wie in einem Videospiel überblickt man das Areal gleich einer Landkarte, erkennt Brennpunkte, bevor die Kamera auf einen Konflikt hinzoomt und ihn personalisiert. Je länger die Schlacht dauert, desto schmerzhafter werden die Opfer, die sie verlangt. Am Ende steht die Konfrontation zwischen Thorin Eichenschild und dem Über-Ork Azog, jener Kreatur, die seinen Großvater ermordet hat.

Warme Gefühle bleiben

„Eine unerwartete Reise“ hat die Charaktere eingeführt, „Smaugs Einöde“ die Geschichte zugespitzt: Die „Schlacht“ kann sich auf einem bereiteten Bett tragen lassen und auf den Konflikt konzentrieren. Jacksons „Hobbit“-Trilogie wirkt dennoch nicht so glatt und in sich geschlossen wie die „Herr der Ringe“-Filme: Es gibt zu viele Protagonisten und zu wenig (An-)Spannung, um gleich drei Geschichten in Überlänge damit zu füllen.

Unbestreitbar ist jedoch die technische Meisterschaft des Projekts: Kein anderer Regisseur hat die Möglichkeiten des Digitalen so ausgeschöpft, um einen ganzen Kontinent auszubreiten. Die Lichtstimmungen der Landschaften, die zum Großteil herbeigerechnet worden sind, erreichen eine fast malerische Anmutung. Und so bleiben, nach diesem 560 Millionen Dollar teuren Fantasyabenteuer ein warmes Gefühl in der Bauchgegend – und ein paar Tränen, die über die Wangen kullern. #OneLastTime

VATER DES HOBBIT: J.R.R. TOLKIEN

J.R.R. Tolkien (1892 bis 1973), britischer Schriftsteller und Philologe, hat die Mittelerde zwar nicht ersonnen – er übernahm sie vom Dichter Cynewulf (9.Jahrhundert), dort hieß sie „middangeard“ –, aber mit Mythen bevölkert, erst im „Hobbit“ (1937), dann im „Herrn der Ringe“ (1954/55). Die Filme von Regisseur Peter Jackson gingen den umgekehrten Weg: erst „Herr der Ringe“, dann „Hobbit“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2014)

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