Kinderfilme: Brave Lillifee, neue wilde Kerle

(c) Constantin
  • Drucken

„Vorstadtkrokodile“ von Christian Ditter lehren Eltern das Fürchten. Die Animation der bekannten Feen-Prinzessin ist dagegen eher langweilig. Nun im Kino.

Ein Büblein klettert auf eine alte Ziegelei. Unten stehen die Kumpanen und feuern es an. Da bricht die Leiter, mit letzter Kraft erreicht der Knabe das baufällige Dach. Er strahlt. Plötzlich stürzt er herunter – und bleibt an der Regenrinne hängen, die sich langsam in den Abgrund senkt. Bevor Mütter die Taschentücher auspacken: Natürlich gilt auch im deutschen Kinderfilm das Hollywood-Gesetz. Der Held stirbt niemals, schon gar nicht in den ersten zwei Minuten. Und Hannes (Nick Romeo Reimann), eine der Hauptpersonen in der Kinderbuch-Verfilmung Vorstadtkrokodile ist ein echter (Hollywood)-Held. Er hilft seiner allein erziehenden Mama. Er befreit sie, als üble Schurken ihren Laden ausrauben und sie ins Lager sperren. Er schaut süß aus wie ein Chorknabe, redet wie ein Frauen-Versteher und agiert tapfer und klug wie ein Ritter.

Toll gespielt, zeitkritisch treffsicher

Das klingt sehr klischeehaft. Doch Vorstadtkrokodile ist nicht nur die Fortsetzung der erfolgreichen Wilden Kerle, sondern auch ein sehr gut gemachter Kinderfilm in einer keineswegs heilen Welt. Bei einem Unfall erlitt Kai (Fabian Halbig) eine Querschnittlähmung. Er wehrt sich gegen seine überfürsorgliche Mutter (Maria Schrader), möchte auch ein Mitglied der tollen „Vorstadtkrokodile“-Bande sein, wird dort aber als „Spasti“ abgelehnt; anders als das Alibi-Mädchen Maria (Leonie Tepe) und der Alibi-Ausländer Jorgo (Javidan Imani). Der kompensiert seine Außenseiterstellung durch besonders grindige Scherze.

Schauplatz der Geschichte ist Dortmund. Die Polizei ist nur allzu bereit, statt der Diebsbande, die die Stadt unsicher macht, Albaner als Täter zu verfolgen. Die Gleichgültigkeit bei diversen Eskapaden der Jugendlichen, der bösen wie der guten, überrascht insgesamt – und ist sehr realistisch. Erwachsene widmen sich dem Existenzkampf, der Nachwuchs macht, was er will.

Der im richtigen Leben erst 11-jährige Reimann (Hannes) spielte den „Nerv“ in Wilde Kerle 3-5. Ob der zarte Junge so erfolgreich sein wird wie der ebenso schöne, aber kantigere Wilde-Kerle-Chef Jimi Blue Ochsenknecht, bleibt abzuwarten. Die Vorstadtkrokos (Original: Max von der Grün) werden gewiss eine Fortsetzung finden.

Animation: Ein hauptsächlich von Mädchen viel geliebtes Kinderbuch kommt auch ins Kino. Prinzessin Lillifee richtet sich offenbar an das Alter, in dem Eltern noch glauben, ihren Nachwuchs in den Griff kriegen zu können. Diese Zeit wird bekanntlich immer kürzer. Also flugs Nützliches auf nette Weise vermittelt: In Lillifees Reich Rosarien herrscht Aufruhr, weil die Feen-Clique frech mit dem Volk umspringt. Lillifee muss ihre chaotischen Freunde zu einem Fest zusammenbringen, um Elfen und Kobolde vom Auswandern abzuhalten. Das schafft sie nur, wenn sie sich selbst vertraut. Wenn nicht, wachsen überall grässliche Dornen. Herzig, aber eher für Lillifee-Fans geeignet.

IDOLE-RECYCLING

Vorgänger von „Lillifee“ waren z. B. die Zauberpferdchen. Zu Lillifee gibt es Ausmalbilder und Spiele. Die Bücher sind von Monika Finsterbusch. Max von der Grün (1926-2005) schrieb Literatur der Arbeitswelt. „Vorstadtkrokodile“ (WDR-Film 1978).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.