„Vacation“: Eine schrecklich derbe Familie

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Ed Helms tritt in „Vacation“, der Neuverfilmung der gleichnamigen 1980er-Komödie, die Nachfolge von Chevy Chase an. Zum Teil geschmackloser, aber kurzweiliger Klamauk.

Gestatten, der „American Dad“. Er wohnt in der Vorstadt, stottert brav seine Hypothek ab und hat zumeist keine Profession, um die ihn andere beneiden. Seine zwei Kinder respektieren ihn nur bedingt, und seine Frau träumt vom Paris-Urlaub. Eine Überspitzung selbstverständlich – und dennoch wird die amerikanische Mittelklassefamilie gern und häufig in Film und Fernsehen persifliert. Ob animiert („Die Simpsons“) oder real.

Auch die Griswolds, die Protagonisten der „National Lampoon's“-Reihe, entsprechen dieser Schablone. Die Vorarbeit leistete der große John Hughes („The Breakfast Club“) 1979 mit einer Vorgeschichte. Vor allem die ersten drei Filme aus den 1980er-Jahren, allesamt von Hughes geschrieben, sollten auch hierzulande bekannt sein. Der Plot ist simpel: Der harmoniebedürftige Familienvater Clark Griswold) versucht zwanghaft, seine Liebsten – seine Ehefrau Ellen und die beiden Kinder, Rusty und Audrey – glücklich zu machen. Ob mit einem ausufernden Weihnachtsfest (im Film „Eine schöne Bescherung“) oder mit dem Besuch des entlegenen Freizeitparks Walley World („Die schrillen Vier auf Achse“). Im gegenwärtigen Reboot- und Sequel-Rausch Hollywoods ist es nicht überraschend, dass auch die Griswold-Familie neu aufgestellt wird.

Mietwagen mit Nazi-Symbol

In der brachialen Fortsetzung „Vacation“ folgt der mittlerweile erwachsene Rusty (Ed Helms) den Spuren seines Vaters – eine Spur der Verwüstung. So will auch er mit dem Besuch des Freizeitparks das verloren gegangene Familienglück wiederfinden. Gemeinsam mit Ehefrau Debbie (Christina Applegate, „Eine schrecklich nette Familie“) und den beiden (ungleichen) Söhnen macht er sich in einem exotischen Mietwagen auf eine beschwerliche, knapp 3000 Meilen lange Reise. Der „Honda aus Albanien“ hat nicht nur zwei Benzintanks, sondern auch eine Fernbedienung mit einer ungewohnten Symbolvielfalt („Welche Funktion hat das Hakenkreuz?“). Da lässt sich schon erahnen, dass der Film keiner politisch korrekten Agenda folgt. Weitere Beispiele gefällig? Die Familie wird von einem pädophilen Trucker (Norman Reedus, „The Walking Dead“) verfolgt und nimmt später ein Bad in einer heißen Naturquelle, die sich als Abwassergrube entpuppt. Auch der vermeintlich harmlose Stopp bei Rustys Schwager („Thor“–Mime Chris Hemsworth) hinterlässt wegen dessen Freizügigkeit keinen weniger derben Nachgeschmack.

Wer subtilen Humor schätzt, wird beim deftigen Roadtrip, dem Regiedebüt von Jonathan Goldstein und John Francis Daley, wohl vorzeitig aussteigen wollen. Weniger Zartbesaitete dürfen einen zum Teil geschmacklosen, aber kurzweiligen Klamauk mit den gut besetzten Ed Helms und Christina Applegate erwarten. Zudem konnten die Hauptdarsteller des Originals für einen Kurzauftritt gewonnen werden. Für Nostalgiefreunde also doch eine schönere Bescherung – und das mitten im August.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

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