„Cars2“: Ausflug zur Autotoilette

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bdquoCars2ldquo Ausflug Autotoilette(c) (Disney/Pixar)
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Das zweite anthropomorphe Autoabenteuer von Pixar-Chef John Lasseter. Solide Unterhaltung, ohne das gewisse Etwas. Die grellen Charaktere führt er aber mit sicherer Hand. Ab Donnerstag im Kino.

Auf den ersten Blick war es das unattraktivste Stück Computeranimation, das die preisgekrönte Pixel-Schmiede Pixar jemals ersonnen hat: 2006 schieden sich die Geister an Cars, der Geschichte des feuerroten Rennwagens Lightning McQueen und seines besten Freundes Mater (ein verrosteter Abschlepplaster mit Hasenzähnen unter der Kühlerhaube). Dass der Mensch seine fahrbaren Untersätze gern anthropomorph sieht, sie zur Verlängerung seiner Persönlichkeit stilisiert, ist kein Geheimnis. Genau auf dieser Befindlichkeit errichtete Pixar-Chefideologe John Lasseter (Toy Story)seine automobile Komödie, irgendwo zwischen Burt-Reynolds-PS-Klamotte und John-Ford-Western. Vielen war der Humor zwischen Autofilm-Referenzen und Mechanikerschmähs zu verschroben, andere stießen sich an der zu simplen Geschichte.

Denn den Boliden teilte Lasseter je nach Modell menschliche Eigenschaften zu und schickte sie mit Vollgas durch ein Abenteuer, an dessen Ziel die Guten gestärkt und die Schlechten mit Getriebeschaden ankommen. War Cars noch eine große Ode an die US-Car-Culture, so verbreitert Lasseter für die Fortsetzung den Einzugsbereich. Gleich zu Beginn von Cars2 wird Held Lightning McQueen im Heimatkaff Radiator Springs vom Formel-1-Lackaffen Francesco Bernoulli (im Original: John Turturro mit breitem italienischem Akzent) in seiner Ehre gekränkt: Nicht nur protzt der Euro-Snob mit seinen PS, er umschwärmt auch noch Lightnings Freundin, Sally Carrera. Der beleidigte Sportwagen willigt also in Bernoullis Plan ein, seine motorischen Qualitäten beim erstmaligen „World Grand Prix“ unter Beweis zu stellen: Gegründet von Sir Miles Axelrod, einer britischen Benzinschleuder, die sich zum Elektroauto umschrauben hat lassen, soll die internationale Veranstaltung dessen neue Biospritmarke etablieren. Doch gleich das erste Rennen wird von Unfällen überschattet: Hinter dem Desaster steckt der deutsche Professor Zündapp (modelliert nach dem gleichnamigen Kult-Leichtfahrzeug, gesprochen von Hollywood-Teutone Thomas Kretschmann): Seine Armee von Montagsfahrzeugen lässt einen Teilnehmer nach dem anderen in Flammen aufgehen.

Flotte Gags und knackige Action

Cars2 ist nach den Toy-Story-Filmen erst die zweite Fortsetzung des qualitätsbewussten Unternehmens Pixar: Beide Geschichten sind Herzensprojekte von John Lasseter, der in Interviews immer wieder seine lebenslange Liebe zu Autos betont. Er war federführend in der Entwicklung der Franchise, hat sowohl beim Kurzfilm Mater and the Ghostlight wie bei der TV-Serie Cars Toon – Hooks unglaubliche Geschichten Regie geführt.

Die grellen Charaktere führt Lasseter mit sicherer Hand durch Cars2, flotte Gags und knackige Action motorisieren die 3-D-Animation: erhaben situationskomisch, wenn Mater in einer japanischen Autotoilette (!) vom rundum computerisierten und mit überreizenden Blinklichtern ausgestatteten System mehrfach intimer Rundumwäsche unterzogen wird. Atemberaubend kinetisch und perfekt choreografiert ist die Eröffnung, als ein britischer Geheimagent (im Original: Michael Caine) auf Zündapps Spuren eine Bohrinsel im Meer entert. Allen Wow-Effekten zum Trotz sind es, typisch für Pixar, die tieferliegenden Gefühlsschichten der Geschichte, die sie mit Leben füllen. Besonders die Beziehung zwischen Lightning und Mater muss sich einer Bewährungsprobe unterziehen: Wo der Sportwagen angesichts der noblen Grand-Prix-Konkurrenz seine Oberflächen poliert, wird die patscherte, herzensgute Rostlaube Mater zur Zielscheibe von Spott und Hohn und hofft – zuerst vergebens – auf Unterstützung ihres besten Freundes.

Unterm Strich gelingt Lasseter mit seiner ersten Regiearbeit in fünf Jahren aber kein großer Wurf: Cars2 ist solide Unterhaltung, setzt sich aber nach dem Pixar-Meisterwerk Wall-E oder der unverschämt grausamen Toy Story3 zu wenig von der immer besseren Pixelfilmer-Konkurrenz ab, um wirklich bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2011)

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