Balsam für die Wunden der USA

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Historien-Soap: Kampf gegen Rassismus als Frauenfilm-Märchen. Warum "The Help" zum US-Sommerhit wurde. Derzeit in den Kinos.

Ein US-Kinokassenschlager über Rassismus in den Sechzigerjahren? Tate Taylors zweieinhalbstündige Frauen-Soap The Help wurde heuer zum US-Sommerhit: Die gleichnamige Buchvorlage von Kathryn Stockett war in Übersee 2009 als „Feel-good-Buch des Jahres“ in den Bestsellerlisten. Heuer erschien es als „Gute Geister“ auf Deutsch, beim Film hat man den Originaltitel behalten. Seine wörtliche Übersetzung klang wohl nicht kommerziell genug: Wer will einen Film sehen, der Die Haushaltshilfe heißt?

Dass Taylors Film in den USA zum Generationen und Ethnien übergreifenden Hit wurde, liegt wohl an konsequenter Wohlfühl-Dramaturgie. Zwar geht es um das harte Leben schwarzer Dienstmädchen, die – lächelnd, trotz regelmäßiger rassistischer Ressentiments gegen sie – kochen, waschen und sich um die Kinder ihrer weißen Herrinnen kümmern. („Du bist meine wahre Mama“, ruft ein süßes Kleines, kaum ist ihre biologische Mutter aus dem Bild.) Doch am Ende gibt es weniger „Black Empowerment“ als den literarischen Durchbruch für jene weiße Maid (Emma Stone), die nach ihrem Studium in die Südstaatenstadt Jackson zurückkehrt und feststellt, dass ihre Freundinnen nun die Tradition der Diskriminierung aufrechterhalten. Deren Anführerin, die monströse Hilly (Bryce Dallas Howard), startet sogar eine Klo-Kampagne. In jeden Haushalt soll eine eigene Schüssel für die schwarzen Dienstboten: „separate but equal“.

Schmerz, nur nicht fürs Publikum

Da will die Heimkehrerin die Lebensgeschichten schwarzer Haushaltshilfen aufzeichnen: in Zeiten der Bürgerrechtsbewegung gefährlich. Doch wenige Szenen deuten die Bedrohung und den Schmerz unterdrückter Leben an: Davon erzählt der Film – und doch will er es seinem Publikum partout nicht zumuten. Nur zwei schwarze Frauen wagen zu reden: Eine Pflichtbewusste (Viola Davis) und eine Vorlaute (Octavia Spencer), die Sätze sagt wie „Fried chicken just tend to make you feel better 'bout life.“ Die Klischees bleiben, es liegt am hervorragenden Ensemble und an mancher Vertiefung (privater) Konflikte, darüber hinauszugehen.

Ohnehin ist alles relativ. Auch feine weiße Damen haben Nöte: Eine strahlende Jessica Chastain wird als Außenseiterin so herablassend behandelt wie die Schwarzen. Ansonsten pflastern schmucke Bilder und wohldosierte komische Erbauung den gemächlichen Weg zum kuriosen Happy End: Erfolg für die weiße Heldin, unsichere Zukunft für die Schwarzen – der Film verkauft es als Triumph. Ein Frauenfilm-Märchen über einen Kampf, der hier nur als historisch gewonnen verhandelt wird. Für die gespaltenen USA unter Präsident Obama musste The Help weltferner Balsam auf die Wunden sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)

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