Steven Soderberghs Anti-Actionfilm mit Kampfkünstlerin

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Martial-Arts-Star Gina Carano spielt in „Haywire“ ihre erste Hauptrolle: Sie ist mitreißend. Der Film bleibt fad. Im Kino.

Stroboskoplicht, Rockmusik, das Publikum flippt aus: Zwei Frauen auf einer Plattform über einem Schwimmbecken versuchen, sich gegenseitig ins Wasser zu werfen. Eine Szene aus „American Gladiators“, der US-Fernsehshow, in der die Kampfkünstlerin Gina Carano Berühmtheit suchte und fand. Moderator Hulk Hogan kündigt Carano immer wieder als unbesiegbar an. Unbesiegbar wirkt die athletische Brünette jetzt auch in ihrer ersten Filmhauptrolle: Als Mallory Kane in Steven Soderberghs Rachethriller „Haywire“ nimmt man sie als reine Körperlichkeit wahr. Dauernd angespannt, dauernd in der Lage zuzuschnappen, auch immer bereit zu verletzen, zu töten.

Ein abgelegenes Diner wird der perfekte Hintergrund des ersten Kampfs im Film. Fäuste fliegen, Beine ebenso. Zackig choreografierte Bewegungsabläufe zwischen Frau und Mann: fast wie ein Tanz. Wieso es aber dazu kommt, ist für Regisseur Steven Soderbergh nebensächlich: „to go haywire“ heißt, dass es drunter und drüber geht. Wenn man dabei die Orientierung verliert, ist das verständlich. Solange der Blick auf Carano fokussiert bleibt, kennt man sich ohnehin aus: Ihre Blicke und Körpersprache kommunizieren mit dem Publikum. Es ist ein Code, den ihre Widersacher (u.a. Ewan McGregor, Antonio Banderas) nicht verstehen. Sie machten Mallory zum Bauernopfer, jetzt sollen sie dafür bezahlen.

Nur mehr das Gerüst eines Thrillers

Steven Soderbergh gefällt sich als Minimalist inmitten von Hollywood-Barock: Er eignet sich populäre Genres an und versucht sie zu entrümpeln. In „Haywire“ bleibt nur mehr das Gerüst eines Thrillers, eine aufs Notwendige reduzierte Geschichte: Und die ist eigentlich Gina Carano. Nur: Sie allein kann das Fehlen von Action, Spannung und Humor im selbstgefälligen Versuchsaufbau auch nicht kompensieren. Wie das pralle Leben kämpft sie sich durch Soderberghs intellektuellen Actionfilm – und muss sich schlussendlich geschlagen geben.

Eine Kampfsportlerin in einer Kinohauptrolle ist im Übrigen nicht so innovativ, wie einem diverse „Haywire“-Medienberichte weismachen wollen. Schon in den 80ern und 90ern kämpfte sich die fünffache Karateweltmeisterin Cynthia Rothrock durch Kampfsportfilme wie „Female Justice“ und „Born to Fight“. Alle sind sie besser, weil ehrlicher, als Soderberghs Neuvermessung des Genres. Denn Action hat immer auch etwas mit einem Showbegriff, mit Spektakelwillen, mit der Lust an der Überwältigung zu tun. Die Macher von „American Gladiators“ haben das verstanden. Soderbergh auch, aber er verweigert sich und macht „Haywire“ zum Anti-Actionfilm. Der ist dann auch dementsprechend fad.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2012)

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