Lang Lang: Mehr Motorik als Tiefe

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Zwei Abende mit dem Starpianisten: Gershwin spielte er mit dem RSO, Mozart und Chopin allein – aber nicht weniger manieriert.

Nach Subtilität und tänzerischem Charme verlangen Mozarts Sonaten in G-Dur KV 283 und Es-Dur KV 282. Lang Lang bot stattdessen eine fast spieluhrenartige Interpretation. Er ließ die Musik mechanisch abschnurren, setzte bei der Dynamik auf Schwarz-Weiß: auf oft nur hingesäuselte Piani und umso kräftigere Forte-Akzente, die zuweilen wie unvermutet knallende Raketen wirkten. Eigenwillig ging er mit den Wiederholungen um. Warum er sie im einen Fall machte und im anderen nicht, blieb rätselhaft. Wenn Mozart eine Koda nach der Wiederholung eines Abschnitts vorsieht, tut er dies bewusst. Sie ohne vorherige Wiederholung zu spielen, geht an der Absicht des Komponisten vorbei.

Besser gelang Mozarts dramatischere a-Moll-Sonate KV 310. Lang Lang brachte sie mit viel Pomp, aber auch hier spielte er an den entscheidenden harmonischen Wendungen vorbei. Die Tiefen des mittleren Andante cantabile con espressione steuerte er erst gar nicht an. Im finalen Presto konzentrierte er sich vor allem auf seine manuelle Außerordentlichkeit. Ganz ohne den ihm eigenen Manierismus ging es auch nicht im zweiten Teil des Soloabends. Wobei seine Affinität zu Chopin viel größer ist als die zur Wiener Klassik. Das zeigte sich gleich in den einleitenden Passagen der g-Moll-Ballade. Beeindruckend, wie er die Architektur dieses Stücks offenlegte, mit welch weiter Anschlagspalette er Nuancen hervorhob, wie selbstverständlich er die technischen Klippen bewältigte. Gewiss, man hätte sich mehr Natürlichkeit gewünscht. Aber dass es diesen Techniker reizt, hier und da seine Möglichkeiten zu zeigen, soll man auch verstehen.

Als Solist mit Gershwins „Rhapsody in Blue“ zeigte er sich vor allem an der Motorik dieser Musik interessiert, ihre melodischen Facetten schienen ihm bloß Nebensache. Dazu kam eine eigenwillige Rhythmik, die diesen Gershwin nicht selten an den Rand einer Karikatur brachte. Das RSO Wien hatte es schwer, dieser Sicht zu folgen. dob

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2013)

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