Salonen und das „Philharmonia“: Ein Frühlingsopfer

Salonen
Salonen(c) EPA (Seppo Sirkka)
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Anlässlich der Festwochenkonzerte im Konzerthaus kommt der Musikfreund ins Sinnieren über vergangene Qualitäten.

Londons Orchesterszene mangelt es offenbar an prägenden Dirigentenpersönlichkeiten. Bedenkt man die Metamorphose des Philharmonia Orchestra seit den Zeiten Herbert von Karajans und Otto Klemperers, versteht man, warum ein solcher Traditionsklangkörper bei einem Festwochen-Gastspiel im Konzerthaus nur Routinearbeit liefert, statt mit bemerkenswerten Interpretationen zu brillieren.

Esa Pekka Salonen führt – nach offenbar wenig inspirierenden Vorgängern – das Regiment und hat Komplexes wie die Partitur von Strawinskys „Sacre du printemps“, wenn schon nicht – wie vor Kurzem Lorin Maazel an der Spitze der Münchner Philharmoniker – im kleinen Finger, so doch in Schultern und Ellenbogen. Mit elastischen Bewegungen führt er seine Musiker durch die Fährnisse, deren Spurverläufe sie freilich seit Langem kennen und höchst professionell immer wieder zu finden verstehen.

Wie imponierend die präzis gesetzten Schläge von großer Trommel und Pauke auch wirken mögen – was die Kollegen darum herum arrangieren ist mit Sicherheit, aber im entscheidenden Moment doch oft nur beinah exakt exekutiert. Die Routine verleitet zu Lässigkeit – im Ausklang des ersten Teils („Tanz der Erde“), in manchen Akzenten der abschließenden „Danse sacrale“: Messerscharf geschnittenen Akkorden des Blechs antworten hie und da leicht (aber doch) ausgefranste Streicherklänge. Gut das alles, aber nicht sehr gut, schon gar nicht außerordentlich.

Zackige Attacken für Beethoven

Bei Beethovens Siebenter herrscht eine Nonchalance gegenüber den Mittelstimmen, als bestünde die Symphonie lediglich aus einer Ober- und einer Unterstimme, und Zweite Geigen, Bratschen und über weite Strecken auch die Bläser (Klemperer, sei gnädig auf deiner Wolke!) hätten lediglich in sich bewegte Füllsel beizusteuern. Stehen zackige Attacken, die Salonen auch hier von Pauken und Trompeten fordert, schon für eine Interpretation?

Kann man die Dinge von einer anderen Warte aus betrachten? Vielleicht genügt als Begründung für ein Gastspiel die Tatsache, dass sich das Philharmonia Orchestra eine rigide Ensemblekultur bewahrt hat, die als exzellente Grundlage für künstlerische Arbeit dienen könnte: Die Bläser präsentieren sich sauber intoniert, bei den Streichern herrscht beeindruckender Korpsgeist. Derlei Tugenden ließen sich zusammenführen und gewinnbringend nutzen... sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2013)

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