Salzburg: Ein ideales Duo für Hindemiths "Marienleben"

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Im Mozarteum begeisterten Juliane Banse und Martin Helmchen mit der Urfassung von Paul Hindemiths Liederzyklus.

Weil aller guten Dinge drei sind: Nach Harnoncourts altersweiser „Schöpfung“ und Hengelbrocks wie aus einem Guss geformtem, spannungsreichen Mozart-Requiem sorgte Juliane Banse für einen außerordentlichen Beginn der heurigen Salzburger Liederabende, bei denen noch Prominenz wie Edita Gruberova, Erwin Schrott, Christian Gerhaher, Michael Schade und Juan Diego Floréz zu hören sein wird. Und dies mit einem höchst anspruchsvollen Programm: Schumanns „Frauenliebe und -leben“ und – in der Urfassung – Hindemiths „Das Marienleben“, ein 15-teiliger Zyklus, den in Salzburg Gundula Janowitz gleich zweimal gesungen hat, 1970 und 1981.

Allerdings in der von Hindemith in den späten 1940er-Jahren verfertigten zweiten Version. Sie unterscheidet sich von der Urfassung (1923/24) durch weniger Härten, ist auch für die Singstimme angenehmer. Wenigstens dem Komponisten schien diese Version die bessere. Eine Sicht, die nicht alle teilen. So ließ der einer breiteren Öffentlichkeit vor allem durch seine Bach-Interpretationen bekannte Pianist Glenn Gould, der diesen Zyklus mit Roxolana Roslak für Platte eingespielt hat, nie Zweifel an seiner Vorliebe für die Urfassung. Er hielt sie für den größten Liederzyklus, der je geschrieben wurde. Jedenfalls ist er einer der außergewöhnlichsten. Gleichermaßen durch seinen exorbitanten technischen Anspruch für die Interpreten wie durch seine grundsätzliche Konzeption. Denn Hindemiths betont sachliche Musik steht Rilkes mystisch geprägtem Text gegenüber, beide fügen sich zu einer zwingenden Einheit.

Juliane Banse: Intensität und Klarheit

Allein sich den Text zu merken und ihn auswendig vorzutragen ist eine respektable Leistung. Juliane Banse gestaltete ihn mit höchster Intensität und differenziertem Ausdruck. Verbunden mit einer Artikulationsklarheit, die nie den Blick in das Programmheft nötig machte. Womit man sich ganz auf den Gesang konzentrieren und damit das Geschehen mitverfolgen konnte. Zu Recht gab es dafür Standing Ovations, die ebenso ihrem Begleiter – besser: Mitgestalter – am Klavier, Martin Helmchen, galten. So technisch souverän, plastisch in den Details und dennoch nie das Primat der Singstimme außer Acht lassend hört man diesen Part selten. Ein ideales Duo, wie sich schon bei der ebenso intensiven und textgenauen Darstellung von Schumanns schwärmerischem Chamisso-Zyklus „Frauenliebe und -leben“ gezeigt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2013)

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