Die kürzeste aller Verdi-Opern

Hamburgische Staatsoper, Verdi, David Alden
Hamburgische Staatsoper, Verdi, David Alden (C) Andreas Praefcke
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Im Rahmen von „Verdi im Visier“ inszenierte David Alden „I due Foscari“ – wenig spannend. Auch das Dirigat von Opernchefin Simone Young enttäuschte.

Werden „I due Foscari“ zur Wiederentdeckung dieses Verdi-Jahres? In Rom hatte diese kürzeste aller Verdi-Opern im März Premiere (Leading-Team: Riccardo Muti, Werner Herzog), 2014 läuft sie im Theater an der Wien. Und dieser Tage in der Hamburgischen Staatsoper. Als Teil der Projekts „Verdi im Visier“, das drei frühe Opern Verdis zeigt: „La Battaglia di Legnano“, „I due Foscari“ und „I Lombardi alla prima Crociata“. Alle drei behandeln Themen, die nichts an Aktualität verloren haben: Freiheit, Widerstreit privater und öffentlicher Interessen oder, wie in den „Foscari“, den Vater-Sohn-Konflikt.

Wenigstens ansatzweise lehnt sich Jacopo Foscari gegen das gegen ihn ergangene Urteil, das sein Vater, der Doge, aus Staatsräson vollstreckt hat, auf, wenn ihm im Kerker im Traum die Gestalt jenes Condottiere erscheint, den sein Vater hat hinrichten lassen. Doch das Aufbegehren bleibt halluzinatorisch. War Jacopos Schicksal vorweg beschlossene Sache? So sieht es Regisseur David Alden. Er zeigt gleich zu Beginn, wie der von dämonischem Hass gegen die beiden Foscaris erfüllte Loredano gar nicht erwarten kann, dass Jacopo wieder ins Exil zurückkehrt, wie er ihn am liebsten gleich selbst mit dem Messer umbringen wollte.

Um diese Konflikte eindringlich nachzuzeichnen, bedürfte es freilich einer deutlicheren Personenregie als der von David Alden. In historisierender Bühnenarchitektur stehen die Protagonisten – im Outfit des vorigen Jahrhunderts – selbst in intimen Momenten oft nur nebeneinander, singen ins Publikum, schauen auf Monitore, um präzise den Anordnungen der Dirigentin entsprechen zu können, was ihnen unterschiedlich gelingt.

Der Chor trägt Faschingshütchen

Die Idee, den Chor von der Empore das Geschehen kommentieren zu lassen, geht nur bedingt auf. Er verkörpert den Rat der Zehn, den Senat und das venezianische Volk und ist damit auch Teil des Geschehens. Da genügt es nicht, die (gut studierten) Choristen, die ihre Parts wie in einem Oratorium von Noten singen, mit verschiedenen Kopfbedeckungen zu bestücken, um so ihre unterschiedliche Funktion zu zeigen. Vollends läppisch wird eine solche Umsetzung, wenn sie im Karnevalsbild mit Faschingshütchen und Luftballon posieren. Werner Herzogs römisches Regiekonzept, die Handlung vor einem überdimensionalen venezianischen Löwen inmitten einer das Ausweglose der Situation symbolisierenden düsteren Winterlandschaft ablaufen zu lassen, kam diesem Verdi ungleich näher.

Sängerisch überzeugte nur der auch gestalterisch berührende Andrzej Dobber als Doge. Giuseppe Filanoti als Jacopo fehlte es an Höhen, Ziyan Atfeh als Loredano an ausdrucksreicher Tiefe. Amirilli Nizza verwechselte meist Lautstärke mit Emotion. Alle taten sich schwer, sich gegen die von Simone Young wenig differenziert gesteuerten Klangwogen des durchschnittlich aufspielenden Hamburger Opernorchesters durchzusetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2013)

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