Garančas Biografie: "Es geht nicht um Louboutins"

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Die lettische Mezzosopranistin Elīna Garanča hat am Montag in Wien ihre Biografie präsentiert. Und spricht über Schuhe, Schüchternheit und Kühe.

Die Presse: „Wirklich wichtig sind die Schuhe“ ist der Titel Ihres Buches. Dabei geht es kaum um Schuhe.

Elīna Garanča: Ein Schuh spiegelt ja auch Bodenständigkeit wider, auf der Bühne wie im Leben. Es ist vielleicht etwas provokant, dass wir das ausgewählt haben. Aber man merkt, wenn man das Buch liest, dass es wenig um die Scheinwelt geht, um die Louboutins oder die Jimmy Choos, sondern um das wahre Leben.

Warum kommt schon so früh Ihre Biografie – und für wen?

Ich wurde gefragt, und am Anfang habe ich auch gesagt, ich finde es zu früh. Aber der Herausgeber fand, dass ich viel zu erzählen habe. Und wenn ich dann tatsächlich mit 65 eine Biografie schreibe, können wir vergleichen, wie viel sich verändert hat. Ich will auch den jüngeren Leuten, die jetzt einen Karriereweg aussuchen, zeigen, dass sie nicht gleich bei der ersten Absage enttäuscht sein sollen.

Ihre Karriere wirkt umso bemerkenswerter, wenn man weiß, dass selbst Ihre Mutter Ihre Stimme für zu klein hielt, und Sie selbst nicht von der Oper träumten...

Ich wollte auf die Bühne. Und ich bin ja durchgefallen bei allem, was vorher mit Bühne zu tun gehabt hat, und ich dachte, okay, also könnte ich ja singen. Musical war sehr interessant für mich, und ich dachte, vielleicht reicht es nicht für die Opernbühne – dann sing ich halt mit einem Mikrofon.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie jetzt darauf zurückschauen?

Es ist unglaublich, vor allem, dass ich so viel schon vergessen habe. Es waren meine Freunde, die mich an vieles erinnert haben. 15 Jahre bald aktiv... Und ich dachte mir, was wird jetzt in 20 Jahren noch passieren, wenn ich nichts mehr ändere? Einige Sachen sind quasi zum Autopiloten geworden.

Sie planen ja Veränderungen. Auch, weil sich Ihre Stimme verändert hat.

Ja, ich brauche neue Herausforderungen. Auch, wenn ich gewisse Partien liebe – sie immer wieder zu singen langweilt mich. Jetzt freue ich mich auf dramatische Partien.

Sie nennen sich „intellektuelles Bauernmädchen“, „melkende Sängerin“.

Ein Witz, aber ich habe tatsächlich eine Freundin, die mich so nennt. Sie weiß, wie ich im Sommer herumlaufe, barfuß mit schwarzen Nägeln, und wie man Kühe melkt, weiß ich auch. Die Verbundenheit zur Natur wächst mit jedem Jahr. Als ich ein Teenager war, habe ich es gehasst und meiner Mutter gesagt, nie im Leben werde ich wieder eine Blume pflanzen oder Karottensamen in die Erde geben. Inzwischen ist es eine Notwendigkeit für mich.

Wirtschaftlich gesehen war Ihre Kindheit nicht gerade rosig.

Heute schaut man auf die Kinder und denkt, Arbeit auf dem Bauernhof, wie furchtbar. Vor 20 Jahren – und auch heute – helfen die Kinder einfach alle mit. Wir haben dadurch auch profitiert, weil das Geld sehr oft sehr knapp war. Mir hilft es heute insofern, als ich sehr gut kalkulieren und aus wenigen Zutaten eine gute Mahlzeit meistern kann. Und insofern, als ich nicht bei Kleinigkeiten zusammenbreche.

Als Sie 1998 nach Wien kamen, sind Sie viel zu Fuß gegangen...

Es war die Frage, entweder U-Bahn- oder Opernticket. Und es war für mich viel wichtiger, in die Oper zu gehen.

Als Kind wollten Sie „reich und berühmt“ werden. Gleichzeitig schreiben Sie, dass Sie sehr schüchtern sind. Wie passt das zusammen?

Das, was bei Interviews oder auf der Bühne von mir verlangt wird, das kann ich gut spielen. Aber wenn ich dann zum Spar oder Billa gehe und mir einen Sack Kartoffeln kaufe, bin ich ein ganz normaler Mensch, und wenn dann jemand kommt und sagt: „Ich hab Sie vor zwei Wochen gesehen“, und ich steh mit diesem Kartoffelsack, was soll ich dann sagen? In dem Moment bin ich nicht vorbereitet, ich bin nicht die Person, die auf der Bühne steht.

Sie haben sich daher auch sehr bewusst für Ihre Kinder entschieden.

Ich glaube, ich habe auch durch meine Eltern früh erkannt, dass die Stimme sehr vergänglich ist. Es war auch ein Schlüsselerlebnis, als ich eine ältere Sängerin getroffen habe, die tolle Erfolge hatte, aber am Ende fehlte ihr eine eigene Familie. Ich fühle auch, dass es leichter ist, auf der Bühne etwas von mir zu geben, wenn ich als Mensch privat erfüllt bin.

Jetzt ist offiziell Babypause...

Ende Oktober gab es noch eine CD-Aufnahme, da habe ich gemerkt, es ist schon ein, zwei Wochen zu spät (lacht). Ich hätte früher aufhören müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2013)

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