Muti liest Bruckner „italienisch“ – für Karajan

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Philharmoniker-Matinee in Salzburg. Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker erinnerten mit einem ideal ausbalancierten, gefeierten Schubert-Bruckner-Programm an den 25. Todestag Herbert von Karajans.

Nicht einmal die Festspielgründer haben die Salzburger Festspiele so geprägt wie der in der Festspielstadt geborene Herbert von Karajan. Ihm verdankt das Festival bis heute seinen spezifischen Glanz. Sein Tod vor einem Vierteljahrhundert inmitten der Festspielproben für Verdis „Maskenball“ war eine Zäsur, gleichzeitig die mit Erfolg genutzte Möglichkeit für eine stellenweise Neuorientierung.

Mit Symphonien von Bruckner bestritt Karajan seine letzten Auftritte am Pult der Wiener Philharmoniker. Eine kluge Idee, mit diesem Repertoire, das zudem symphonisches Zentrum dieses Festspielsommers ist, Karajans 25. Todestages zu gedenken. Selbstverständlich im Rahmen der traditionell den Wiener Philharmonikern vorbehaltenen Matinee am 15. August. Dieses Datum hatte Karajan stets für sich reserviert.

Mittlerweile ist Riccardo Muti auf diesen Termin abonniert, einer jener Dirigenten, die Karajan früh zu den Festspielen holte und deren Karriere er wesentlich förderte; mit ihm pflegte Karajan bis zuletzt persönlichen Kontakt, ihn wünschte er sich im Falle seiner Absage ausdrücklich als Dirigenten für „Un ballo in maschera“. (Die Festspielleitung entschied anders und engagierte Sir Georg Solti.)

Auch Riccardo Muti setzt Bruckner immer wieder auf seine Programme. Mit Vorliebe – wie sich auch seiner Salzburger Auftrittsstatistik entnehmen lässt – die schwierig zu disponierende „Sechste“. Was an der eigenwilligen Konzeption der vier Sätze und ihren weit gespannten melodischen Bögen liegt, in denen sich italienische Einflüsse erkennen lassen. Vor allem, wenn man sie so liest wie der italienische Maestro. Besonders deutlich wurde dies in dem aus seiner kantablen Vielfalt interpretierten Adagio, in dem Wiens Meisterorchester einmal mehr seine besondere Bruckner-Affinität demonstrierte.

Ideales Einvernehmen zwischen Dirigent und dem sich in bester Verfassung präsentierenden Klangkörper herrschte schon beim Entree dieses exzellenten Vormittags im Großen Festspielhaus: Bei der mit gleichfalls differenziertem musikantischen Elan und – nicht erst im Finale – vorwärtsdrängendem Brio musizierten „Vierten“ von Franz Schubert, der „Tragischen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2014)

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