Pappano servierte Sibelius alla Romana

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Das Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia überzeugte mit Russischem und Finnischem.

Idiomatisch sollten wir in Fremdsprachen klingen, wurde uns immer gepredigt. Dabei kann ein leichter Akzent großen Charme versprühen. Zum Beispiel, wenn das Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia die Symphonie Nr. 2 von Jean Sibelius spielt. Da mag das Vibrato eines tief liegenden Trompetensolos etwas fremdeln, da könnten die Hörner etwas markanter auftreten. Wenn aber der Sinn der Klangrede so klar und bestimmt getroffen wird, dann versteht man alles. Sir Antonio Pappano ist zunächst einmal Ekstatiker und türmt den Klang an vielen Stellen mächtiger auf, als die Partitur es verlangt. Zugleich aber bändigt er diesen Überdruck durch seine betont straffen Tempi. Die vielgliedrige Struktur des Werks birgt ja die Gefahr des Zerfallens in sich: Wer die vielen Phrasenziele und Zwischenhöhepunkte so bedeutungsschwanger ansteuert, als habe er damit bereits den letzten Gipfel erklommen, dem kann bald die Luft ausgehen. Anders Pappano. Auch dort, wo viele Dirigenten schon mit Maß und Ziel etwas nachgeben, ohne sich dadurch gleich in Details zu verlieren, verzichtete er noch auf nennenswerte Verbreiterungen. Dadurch erreichte er einen enormen Vorwärtsdrang, der tatsächlich erst im Finale mit seinen rituell anmutenden, immer weiter sich steigernden Wiederholungen kulminierte.

Rachmaninow im 5/8-Takt

Den russischen Zungenschlag beherrschten die Gäste aus Rom vielleicht noch besser: Herrlich, wie Rachmaninow in seiner „Toteninsel“ das Wellenspiel im unregelmäßig schaukelnden 5/8-Takt organisiert und auch sein ewiges Leitmotiv darin verarbeitet, das „Dies irae“. Schließlich gingen die Wogen so bedrohlich und eindrucksvoll hoch wie nur möglich – eine Seele in Seenot. Nöte anderer Art waren bei Tschaikowskys „Rokoko-Variationen“ zu vernehmen, mit denen sich der Cellist Jan Vogler redlich abmühte. Doch der Sinn dieser zum Konzert aufgedonnerten Salon-Pièce wäre perfekt funkelnder Virtuosenglanz bis in höchste Höhen und bis zu rasendem Tempo – da reicht manch schön formulierte Gesangsphrase nicht aus. Jubel und Zugaben.

Auf Ö1: 14. Juni, 11.03 Uhr

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)

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