Nina Stemme begeisterte mit Sibelius

Nina Stemme (Archivbild.)
Nina Stemme (Archivbild.)(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Bei ihrem Liederabend im Wiener Musikverein brachte sie eine spannende Auswahl.

Es braucht nicht immer ein Festival für Jubiläen. Zuweilen genügen einige außerordentliche Veranstaltungen. Wie zuletzt im Musikverein: Leif Ove Andsnes und Nina Stemme leisteten spannende Beiträge zum am 8. 12. zu feiernden 150. Geburtstag von Jean Sibelius.

Wer hätte erwartet, dass die Stemme im Goldenen Saal just mit Sibelius-Liedern am meisten überzeugen würde? Noch dazu mit eher selten gebrachten? An die hundert Lieder hat der finnische Komponist geschrieben, und wie in seinem symphonischen Werk interessierte ihn auch hier die nordische Sagenwelt und Natur besonders. Schwerblütiger Impressionismus spricht aus diesen Liedern, die stilistisch an die Spätromantik anknüpfen, die später harmonisch immer avancierter wurden. Dies wird besonders deutlich, wenn man eine Liederreise mit dem Spätwerk beginnt und dann auf Früheres zurückblendet: Stemme fing mit dem elegischen „Törnet“ aus dem späten Blumenlieder-Zyklus an und endete fulminant mit dem 16 Jahre älteren, zwischen Traurigkeit und lodernder Leidenschaft changierenden „Mädchen kam vom Stelldichein“.

Nicht allein die expressiv-wortdeutliche Interpretation machte das Ereignis dieses Konzerts aus. Außergewöhnlich war auch, dass man auf diese Gruppe mit Liedern einstimmte, die zur selben Zeit in Frankreich komponiert wurden: von den Schwestern Boulanger. Kein Zufall, denn Nadia Boulanger war unter den Lehrern des Pianisten dieses Abends, Daniel Barenboim. Er zeigte sich nicht nur bei diesen subtil farbigen Liedern und bei Sibelius in glänzender Form, auch bei Liedern von Brahms und bei Wagners Wesendonck-Liedern.

Sibelius: Virtuose Verve

Ausschnitten aus Sibelius' Klavierschaffen widmete sich Leif Ove Andsnes bei seinem Klavierabend: den vom Thema Natur beherrschten späten Skizzen Opus 114, zwei Ausschnitten aus der „Baum-Suite“ und dem durch nordische Märchengestalten inspirierten, eindringlichen Kyllikki-Zyklus. Mit derselben differenzierten Anschlagskultur und virtuoser Verve brachte er Debussy-Etüden (meisterhaft), Chopin (unterschiedlich überzeugend) und Beethovens „Wachtelschlag“-Sonate (mit subtilem musikantischen Elan).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)

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