Kirchschlager hob Steine aus der Taufe

PHOTOCALL UND PRESSEGESPRAeCH 'CHRISTMAS IN VIENNA 2015: KIRCHSCHLAGER
PHOTOCALL UND PRESSEGESPRAeCH 'CHRISTMAS IN VIENNA 2015: KIRCHSCHLAGERAPA/HERBERT P. OCZERET
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Die Mezzosopranistin und Cellist Valentin Erben mit einer Uraufführung von Johanna Doderer.

Das kann sich auch (fast) nur die Kirchschlager erlauben, ohne dass es peinlich wirkt: sich an den Bühnenrand zu setzen und als Zugabe noch ein „Guten Abend, gut' Nacht“ hinzutupfen. Mehr für sich und Valentin Erben, ihren Duopartner am Cello, scheint es, als für das Publikum. Das funktioniert, weil ein Merkmal ihrer Bühnenkunst ihre Authentizität ist, bei allem, was sie anpackt, von Dowland bis Doderer. Womit der Rahmen dieses Abends im Konzerthaus abgesteckt ist. Mezzo und Cello – eine seltene, aber reizvolle Kombination. Zwischen Dowland und Doderer – mit Zwischenstationen bei einer dichten Shakespeare-Vertonung Christian Muthspiels und Paul Dukas' „Zauberlehrling“ – schritten die beiden auch das Spectrum der Beziehungen zwischen den zwei Stimmen ab: vom eher dienenden Charakter des Cello-Parts bei zwei Dowland-Liedern hin zum autonomen, vorwitzigen Kommentieren von Gesang und Sprache bei Doderers Auftragswerk fürs Konzerthaus.

Die 1969 geborene Komponistin hat sich der vor Humor nur so sprühenden Texte von Erbens Bruder Martin bedient: Unter dem Titel „Steine“ werden die wunderlichen Wirkungen geheimnisvoller Steine unter die Lupe und der Glaube daran aufs Korn genommen. Doderers bekömmliche Komposition steht der textlichen Vorlage an Witz nicht nach, wenn sie etwa die „Spitze“, die der sogenannte Krautelstein einem Ärgernis nehmen soll, mit einem Spitzenton konterkariert.

Ein Tisch aus einer Werkskantine

Witz prägte auch die Bearbeitung von Dukas' „Zauberlehrling“, die Erben besorgt hat und bei der er sich spieltechnisch nicht schont. Das Cello steigert sich als Äquivalent von Goethes Besen in einen regelrechten Rausch. Dass Kirchschlager, quasi als Zauberlehrling, dem nicht viel entgegensetzen soll, liegt in der Natur des Stücks, aber dass sie den Text weitgehend seitlich zum Publikum sprach, tat der Intensität ihres Vortrags nichts Gutes, auch wenn sich Jacqueline Kornmüller, die die szenische Einrichtung des Abends besorgte, sicher etwas dabei gedacht hat. Auch das Hauptrequisit, ein riesiger Tisch, der eher in eine moldawische Werkskantine gepasst hätte, war mäßig glücklich gewählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2015)

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