Musikverein: Die Philharmoniker rüsten sich mit Gergiev für New York

(c) Clemens Fabry
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Im vierten Abonnementkonzert gab man sich für eine Novität von Olga Neuwirth mehr Mühe als für die "Götterdämmerung".

New York ist immer eine Reise wert. Das wissen auch die Wiener Philharmoniker, die in der Carnegie Hall schon seit Jahren eine Residenz unterhalten. Mit jährlich wechselnden Dirigenten können sie dabei ihre Wandlungsfähigkeit beweisen. Diesmal bestreiten sie diese Konzerte mit Valery Gergiev. Entsprechend russisch getönt sind die Programme, die man traditionsgemäß vorab in Wien präsentiert. So stehen heute Abend im Rahmen einer Musikvereins-Soiree neben Wagners Ouvertüre zum „Fliegenden Holländer“ und Debussys „La Mer“ Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ in Ravels gewohnter Orchesterversion auf dem Programm. Ein weiteres Programm umfasst Ausschnitte aus Wagners „Parsifal“ und Tschaikowskys „Manfred“-Symphonie.

Avancierter zeigt sich die dritte dieser für New York konzipierten Zusammenstellungen, die im „Philharmonischen“ zu hören war. Es ließe sich als Plädoyer dafür lesen, wie falsch das Bild vom konservativen Wiener Orchester ist.

Im Mittelpunkt ein erst im Vorjahr vom Orchester uraufgeführtes Werk: „Masaot/Clocks without hands“, Olga Neuwirths 20-minütiges, für große Besetzung orchestriertes, von den Erinnerungen an ihren nie gekannten Großvater inspiriertes Tableau mit zahlreichen Zitaten von Mahler bis zu traditionellen jüdischen Melodien. Ebenso angeregt von aufpeitschenden Wellenbewegungen des Meeres und Metronom-Schlägen, kokettiert dieses philharmonische Auftragswerk mit wechselnden Farben und ungewohnten Entwicklungen. Wenigstens dann, wenn man so vital und konzentriert seine zahlreichen Spannungskurven darzustellen versteht wie Gergiev. Er hob sich mit seiner Deutung wesentlich von der eher nüchternen Lesart ab, mit der im Vorjahr Daniel Harding das Stück aus der Taufe gehoben hat.

Mussorgsky fein, Wagner knallig

Differenziert, mit viel Gespür für ihre zahlreichen Valeurs präsentierten die in bester Übereinstimmung mit dem Dirigenten agierenden Philharmoniker Mussorgskys „Chowanschtschina“-Ouvertüre. Am wenigstens vermochte der Abschluss des Abonnementkonzerts zu überzeugen. Abgesehen von der wenig wortdeutlich artikulierenden, schrill die Höhen anpeilenden, mit wenig Tiefe aufwartenden Sopranistin Heidi Melton in Brünnhildes Schlussgesang gefiel sich Gergiev auch bei den übrigen Ausschnitten aus Wagners „Götterdämmerung“ in ausführlichem Pathos und knalligen Effekten. (dob)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2016)

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