Christi Leiden, vom Schlagwerk neu illustriert

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In der Kalvarienbergkirche erlebte eine originelle neue Vertonung der Johannespassion ihre Uraufführung.

Guido Mancusi hat es unternommen, den berühmten Passionsmusiken eine neue Variante zur Seite zu gesellen. Im Rahmen eines Konzertes des VieVox-Ensembles ehemaliger Sängerknaben erlebte die „Passio Domini secundum Joannem“ in der Kalvarienbergkirche in Hernals ihre beeindruckende Uraufführung.

Krachende Schläge stehen am Beginn: Das neue instrumentale Gewand, in das die Erzählung von Leiden und Sterben des Herrn gekleidet wird, ist ein perkussives. Statt ätherischer Streicherklänge und expressiver Oboen-Soli feiert das Schlagzeug seine große Stunde: aggressiv, martialisch, dann wieder sanft schwebend – wenn etwa Marimbaklänge mit der Friedensbotschaft der Engelsstimme (Theresa Krügl) am Ende des ersten Teils in die Höhe schweben oder die poetische Botschaft des Hahnes (Anna-Katharina Tonauer) untermalen . . .

Mancusi schöpft die reichen Möglichkeiten der Schlaginstrumente (Loeuie's Cage Percussion) ebenso aus, wie er seinen Chorsatz (gesungen vom Chorus Duplex) raffiniert auffächert. Da stehen an den Fermaten der Handlung immer wieder Choräle, die sich an den vielschichtigen Bach'schen Vorbildern orientieren, freilich, wenn sie auch „zeitgemäßer“ zwischen weiter entfernten Tonarten vagieren, simpler anmuten – die kirchliche Gebrauchsmusik hat eine ähnliche Vereinfachung durchgemacht wie die deutsche Sprache von Bachs Luther-Bibel-Vorlage zur „Einheitsübersetzung“, die dem neuen Werk zugrunde liegt.

Im Übrigen aber bedienen sich die Chorstimmen wie der Evangelist (Lorin Wey) unterschiedlichster Tonproduktionen vom kollektiven Flüstern über rhythmisch zündend skandierte Hetzparolen („Weg mit ihm. Kreuzige!“) bis zum expressiven Klagelaut. Die Dialoge zwischen Christus (Michael Nagl) und Pilatus (David Sitka) hätten in ihrer zupackenden Dramaturgie vor Bachs Leipziger Rat einst kein Pardon gefunden („zu opernhafftig“, hieß es angesichts solcher Passagen damals . . .), sichern Mancusis Novität freilich die nötige Kurzweiligkeit. Die Mischung stimmt – auch dem CD-Mitschnitt dieser „Johannespassion“ könnte Erfolg beschieden sein. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2016)

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