Salzburg: Mutis bedächtige Tempi

Riccardo Muti.
Riccardo Muti.(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Der obligate Jubel für Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker mit Werken von Richard Strauss und Bruckner.

Anton Bruckners 2. Symphonie, zuvor die Suite aus dem „Bürger als Edelmann“ von Richard Strauss: Für die Konzertreihe „Die Wiener Philharmoniker und ihre Komponisten“ beschäftigt sich auch ein Riccardo Muti wieder einmal gern mit Musik, die er sonst selten dirigiert.

Seinerzeit hatten Strauss und Hofmannsthal mit der Erstfassung ihrer „Ariadne auf Naxos“ die genreübergreifende Kunstsinnigkeit des Publikums überschätzt, das den „hübschen Zwitter“, wie der Komponist ihn selbst nannte, nicht recht annehmen wollte. Um seiner Musik zum Sprechtheaterteil das Überleben im Konzertsaal zu ermöglichen, stellte Strauss eine Orchestersuite zusammen, die nun am Beginn des traditionellen Konzerts der Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti zu Mariä Himmelfahrt stand. Ja, man hatte sich sogar einen namhaften Solisten wie Gerhard Oppitz ans Klavier geladen.

Die Erinnerung an die formidable Salzburger Ehrenrettung der „Ariadne“-Urgestalt 2012 ist allerdings noch wach – und merkwürdig, wie in der aktuellen Deutung, zumindest am Samstag, bei der ersten von drei Darbietungen des Programms, prompt der originale Zusammenhang zu fehlen schien. Das lag wohl auch an den tendenziell bedächtigen Tempi, die Muti wählte: Sogar der schneidige „Fechtmeister“ ließ seine Klinge, wenn auch rhythmisch geschärft, mit etwas steifem Handgelenk durch die Luft sausen. Und Rainer Küchl, in den vergangenen 45 Jahren zu einer Institution am Konzertmeisterpult der Philharmoniker geworden, durfte ein letztes Mal vor seiner Pensionierung die Freuden und auch Tücken des Strauss'schen Soloviolinparts ausbreiten. Verweile doch, du bist so schön? Die berückend ausgesungene philharmonische Innigkeit bewirkte jedenfalls die einprägsamsten Momente: mit edler Größe im „Menuett des Lully“ etwa, im langen Final-„Diner“ dann, zwischen den à la „Don Quixote“ blökenden Hammelkeulen, durch die Ausdruckskraft des Cellosolos.

Für Riccardo Muti, kürzlich 75 geworden, ist auch Bruckner ein Komponist geblieben, dem er sich zwar immer mehrfach, aber bloß selektiv, genähert hat. Dessen 2. Symphonie (in der von Leopold Nowak edierten Version von 1877) leitet er auf schlüssige Weise von Schuberts letztem, in die Breite gehendem, Symphoniekonzept her. Ohne jede Hast ging es Muti dabei um ein Gleichgewicht der Kräfte und Farben: Das klar konturierte Blech wirkte nie durch laute Schärfe, sondern durch Gewicht, das freilich rhythmisch fast immer punktgenau platziert wurde; Streicher und Holz ließen gleichfalls keinen Zweifel an der philharmonischen Klangkultur.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2016)

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