Streamingtipps: Das Opernhaus im Wohnzimmer

Auch auf myfidelio.at der Superstar: Anna Netrebko in Verdis ''Trovatore''
Auch auf myfidelio.at der Superstar: Anna Netrebko in Verdis ''Trovatore''APA
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Wer schon immer auch Wagner und Verdi genießen wollte wie einst die barocken Connaisseurs – sprich wer auch während des „Lohengrin“ zwischendurch einmal ein paar Chips knabbern möchte –, freut sich über Streamingdienste.

Die New Yorker Met machte den Anfang. Sie überträgt seit einem Jahrzehnt konsequent eine Reihe ihrer Vorstellungen in Kinosäle im In- und Ausland. Doch muss der Musikfreund nicht einmal mehr ins Kino pilgern: Streamingdienste ermöglichen eine Übersicht über die Vorgänge in der weiten Klassikwelt, ohne dass er sein eigenes Wohnzimmer verlassen müsste.

Eine gute Stereoanlage und einen entsprechenden Bildschirm vorausgesetzt, freut man sich über Liveübertragungen oder Aufzeichnungen von einst und jetzt. Die Verwertung klassischer Mitschnitte und Filmproduktionen von 1954 (Furtwänglers Salzburger „Don Giovanni“-Produktion) bis heute hat sich myfidelio.at zum Ziel gesetzt. Es sind die historischen Unitel-Produktionen, die den Grundstock der via Abonnement online zugänglichen Riesensammlung bilden, die freilich durch Liveübertragungen aus dem Musikverein etc. und einen dauernd aktiven TV-Kanal angereichert wird. Live überträgt Wiens Staatsoper in HD-Qualität. Und ein unschlagbares Archiv älterer und nahezu sämtlicher Konzerte der jüngsten Vergangenheit bewahren die Berliner Philharmoniker in ihrer digitalconcerthall – in singulärer Qualität!

Thielemann und Bronfman in Wien

Premiere im Netz – nicht auf DVD zu bekommen! Aufgezeichnet im Vorjahr im Musikverein, markierte das Zusammentreffen von Yefim Bronfman und Christian Thielemann mit den Wiener Philharmonikern einen Höhepunkt interpretatorischer Kompetenz in Sachen romantischer Musik: Liszts Zweites Klavierkonzert (A-Dur) lässt sich schwerlich stimmiger musizieren, nicht nur wegen der Virtuosität des Pianisten, sondern auch wegen des erreichten lyrischen Tiefgangs. Webers „Oberon“-Ouverture und Tschaikowskys „Pathétique“ dazu!

myfidelio.at

Kirill Petrenko und das Familienleben

R. Strauss „Sinfonia domestica“.

Die Sensation am Beginn der neuen Saison: Kirill Petrenko und sein Bayerisches Staatsorchester mit einer ungemein luziden, beredten Wiedergabe von Richard Strauss' heikler „Sinfonia domestica“. Auf Reisen kam man auch nach Berlin – und die dortigen Philharmoniker präsentieren den Livemitschnitt des umjubelten Gastkonzerts ihres künftigen Chefdirigenten auf ihrer Onlineplattform.

digitalconcerthall.com

Komödiantisches aus Wien

Donizetti und Rossini.

Vor allem auf Belcanto-Komödiantik setzt die Wiener Staatsoper bei ihren Liveübertragungen im Netz, während das Ensemble mit Mozart, Strauss und Wagner auf Fernost-Tournee geht: Valentina Naforniţa, Dmitry Korchak und Michele Pertusi sind die Stars in Irina Brooks quirliger Produktion von Donizettis „Don Pasquale“ (ab 31. Oktober für drei Tage verfügbar), Elena Maximova, Maxim Mironov, Alessio Arduini, Michele Pertusi und Renato Girolami tummeln sich in Sven-Eric Bechtolfs Inszenierung von Rossinis „Cenerentola“ (ab 10. November.) Zwischendrin gibt es am 9. November noch das Solistenkonzert des Opernpaares Aleksandra Kurzak und Roberto Alagna.

Abonnenten des HD–Streamingdienstes der Wiener Staatsoper haben auch Monat für Monat die Wahl, ausgewählte ältere Produktionen zu sehen– das ermöglicht derzeit sogar Vergleiche, etwa mit der Premierenserie des „Pasquale“ mit Juan Diego Flórez oder–im Hinblick auf die kommende Serie mit Eva-Maria Westbroek und José Cura – „La fanciulla del West“ mit dem Duo Stemme/Kaufmann von 2013. Und stets liebenswert: „Das schlaue Füchslein“ in Otto Schenks Märchenwaldregie.

staatsoperlive.com

Die Primadonna in allen Lebenslagen

Die Diva unserer Tage dominiert selbstverständlich auch das Online-Opernleben. Myfidelio dokumentiert die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Multitalents Anna Netrebko. Man erlebt sie in Salzburger Festspielproduktionen von Verdis „Troubadour“ und Mozarts „Figaro“. Außerdem in „Carmen“ mit Nadia Krasteva von der Wiener Staatsoper, in Ausschnitten aus der „Csárdásfürstin“ unter Thielemann, mit Barockem und Britten unter Pappano, Romantischem unter Nézet-Séguin . . .

myfidelio.at

Ambrogio Maestri, Verdis Antiheld

„Falstaff“ aus Parma und Salzburg.

In Vorbereitung auf die kommende Staatsopernpremiere des „Falstaff“ lässt sich auch die Interpretation des Titelhelden durch Ambrogio Maestri studieren, in einer besonders pittoresken Produktion aus der für ihr kritisches Publikum bekannten Melomanenhochburg Parma – dortigen Verdi-Inszenierung widmet man einen eigenen Schwerpunkt –, aber auch von den Salzburger Festspielen (mit Elisabeth Kulman als Quickly!).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

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