Theater an der Wien: Im Korsett der Staatsmacht

Alexandra Deshorties als Elisabetta und Ilse Eerens als Matilde am Theater an der Wien in Rossinis „Elisabetta, Regina D'Inghilterra“.
Alexandra Deshorties als Elisabetta und Ilse Eerens als Matilde am Theater an der Wien in Rossinis „Elisabetta, Regina D'Inghilterra“. (c) APA/HERWIG PRAMMER
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Bei Rossinis "Elisabetta, Regina D'Inghilterra" soll Schauspielbedeutsamkeit ein Manko an Belcantovirtuosität aufwiegen. Das gelingt nur bedingt.

Das kann ja heiter werden: Der Orchestertusch, das wohlbekannte Trippeln, die melodische Verbeugung der Holzbläser – es ist die Ouvertüre zum „Barbier von Sevilla“! Doch zerstreute Opernfreunde haben kaum eine Chance, sich länger als ein paar Momente im falschen Stück zu wähnen: Die Noten mögen dieselben sein, aber Jean-Christophe Spinosi am Pult des Ensembles Matheus tut von Beginn an alles, um unsere wohlige Vertrautheit mit diesen Klängen zu unterwandern. Als würde er sein Abschlussdiplom der Harnoncourt-Schule vorweisen, beschleunigt Spinosi die Zweiunddreißigstelnoten, verbreitert die Bläsergeste, dehnt die Generalpausen dazwischen auf beliebige Länge. Und im Allegro machen die Streicher bei den repetierten Begleitakkorden gar perkussiven Effekt, als vernehme man das Waffenklirren einer in der Ferne marschierenden Armee – immerhin betreten wir mit diesem Stück auch politisches Parkett.

Der gewiefte Selbstverwerter Gioachino Rossini hat für „Elisabetta, Regina D'Inghilterra“, seinen ersten Auftrag am Teatro San Carlo in Neapel 1815, den eigenen musikalischen Fundus geplündert. Beim Einstand an einem so wichtigen Haus wollte er offenbar aus strategischen Gründen mit einer Art Best-of prunken. Und dieses war trotz Rossinis erst 23 Lenzen groß genug, hatte er doch schon ein gutes Dutzend Opern komponiert. Die Ouvertüre übernahm er aus „Aureliano in Palmira“; erst im Jahr darauf sollte sie zum „Barbiere“ weiterwandern. Doch dass die wohlbekannte Operneröffnung Schluss mit lustig bedeutet, weil sie sich hier aller stromlinienförmigen Geschmeidigkeit verweigert, zeigt uns im Theater an der Wien auch die Bühne: Schon in den ersten Minuten von Amélie Niermeyers Inszenierung erfahren wir im Wesentlichen alles, was diesen Abend rund um die „Virgin Queen“ Elizabeth I. in teils historischen, teils vom Librettisten erfundenen Nöten szenisch beherrschen wird.

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