Hindemiths Griff nach den Sternen

„Zweier Himmelskörper Revolution“: Seho Chang als Astronom Johannes Kepler in seinem Observatorium – in der neuen Linzer Inszenierung von Paul Hindemiths Oper „Die Harmonie der Welt“.
„Zweier Himmelskörper Revolution“: Seho Chang als Astronom Johannes Kepler in seinem Observatorium – in der neuen Linzer Inszenierung von Paul Hindemiths Oper „Die Harmonie der Welt“.(c) Thilo Beu
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"Die Harmonie der Welt", Paul Hindemiths selten gespielte Oper über Johannes Kepler, erlebt in der Keplerstadt Linz eine gediegene Neudeutung.

Die Kraft von Sonnen lässt sich zerspalten, noch mehr zu töten als vorher. Vielleicht auch spornend mildes Weltenthum“, so lautet die gestelzte Anspielung auf die Atomenergie in der kosmischen Apotheose am Schluss: Da verwandeln sich die Protagonisten laut Libretto in die Gestirne, der Kaiser in die Sonne, der Feldherr Wallenstein in Jupiter, Keplers Frau, Susanna, in Venus, Kepler selbst in die Erde. Der Chor gibt die schallkräftige Milchstraße und stimmt in das himmlische Brausen mit ein.

In Linz reihen sich die Sänger vor Keplers filmisch multipliziertem, sich drehendem Observatorium einfach oratorisch an der Rampe auf, die Musik besorgt den Rest: Plötzlich leistet sich Paul Hindemith doch noch etwas, dem er in seiner Partitur bis dahin weitgehend entsagt hat, nämlich Pathos und Prunk. Weit schwingen da unter der temperamentvoll-präzisen Leitung von Gerrit Prießnitz am Pult des Bruckner-Orchesters Linz die Stimmen aus: Wie sie in dieser Beschwörung der Harmonie der Welt rund um die gleißende, mit Paukenwirbeln fixierte Sonne von E-Dur jagen, soll wohl die Bahnen der Planeten symbolisieren. Und das Linzer Publikum, vom Chor halb umringt, jubelt zuletzt beeindruckt und lang nach dem finalen Lobpreis des immer strebend sich nach Harmonie bemühenden Johannes Kepler: „Mehr kann kein Geschöpf erreichen.“

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