Alfred Kubins Roman als Oper: Nach dem Untergang geheilt

(C) Sakher Almonem
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In Michael Obsts Oper „Die andere Seite“ nach dem Roman Alfred Kubins verflechten sich orientalische Klänge und Elektronik: ein Traumland im Kopf.

Ein stummer Schrei entringt sich der Kehle des namenlosen Zeichners, der sich in Krämpfen windet – und ein unheimlich klagender Choral singt von der Erschaffung der Dinge. Willig begibt sich der Protagonist, von seiner verhärmten Frau begleitet, in eine Heilanstalt, wo die Insassen Untoten gleichen, ein Augapfel mit verengter Pupille einherschwebt und seltsame Figuren auftreten. Gaukeln dem Zeichner seine überreizten Nerven diese surrealen Szenen vor?, fragt man sich nun im Musiktheater Linz – oder ist das ganze Sanatorium Einbildung?

1908 legte der Grafiker Alfred Kubin mit Anfang dreißig nach einer Italien-Reise den Zeichenstift zur Seite und griff zur Schreibfeder. In nicht einmal drei Monaten entstand im Schutze seines Schlösschens Zwickledt in Oberösterreich der fantastische Roman „Die andere Seite“. Kafkaesk schon vor Kafka und im Lichte Freuds, wird ein scheinbar realistischer Reisebericht zur großen Untergangsvision – mit verschwimmenden Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit. Indirekt verarbeitete Kubin so die angesammelten psychischen Traumata von Kindheit und Jugend (sexueller Missbrauch, Gewalt und Tod) und bewältigte damit auch die plötzliche Schaffenskrise in seinem bildnerischen Werk.

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