Oper Berlin: Sie singen wieder unter den Linden

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Die Deutsche Staatsoper wurde mit Schumanns „Faust“ wiedereröffnet.

Berlin hat sie wieder, die „Lindenoper“. Das Gebäude der Deutschen Staatsoper auf dem Prachtboulevard wurde wieder eröffnet. Die Umbauphase hat, wie bei Projekten dieser Größenordnung in Deutschland nicht anders zu erwarten, doppelt so lange gedauert wie veranschlagt und viel mehr Geld gekostet als geplant (fast 400 statt 239 Millionen Euro).

Nach sieben Spielzeiten im Ausgedinge, dem Schillertheater, zog das Ensemble wieder ins Stammhaus, als ob nichts geschehen wäre, inszenierte Jürgen Flimm zum Einstand Robert Schumanns „Faust Szenen“, Daniel Barenboim dirigierte.

Der musikalische Spiritus rector unter den Linden seit 1992 leitete zum Auftakt bereits die Aufführung der Neunten Symphonie Ludwig van Beethovens am Nachmittag des 1. Oktober auf dem Bebelplatz – und erinnerte damit auch an sein Einstandskonzert vor einem Vierteljahrhundert.

Im Innern hat man sich architektonisch an den Wiederaufbauplänen von 1952 orientiert – doch wurde die Decke des Auditoriums unmerklich um vier Meter angehoben, um die notorisch zu kurze Nachhallzeit der Lindenoper zu verbessern. Was Benutzerfreundlichkeit und Bequemlichkeit betrifft, entspricht das Haus nun dem Standard von 2017 – es gibt bei völliger Barrierefreiheit ab sofort 14 Behindertenplätze.

Jürgen Flimms Nachfolger, Matthias Schulz – zuletzt Salzburgs Mozarteums-Chef – will die vom Vorgänger eingeschlagene Linie der konsequenten Einbindung von Werken der jüngeren Musikgeschichte und die verstärkte Jugendarbeit fortsetzen. Die Amts-Übergabe erfolgt vollkommen harmonisch. Barenboims Vertrag wurde bis 2022 verlängert.

Die Lindenoper wurde damit nicht zum ersten Mal „wiederhergestellt“. Der ursprüngliche Bau von Georg W. Knobelsdorff, 1742 eröffnet, wurde 1788 von Carl G. Langhans erweitert, dessen Sohn Carl. F. Langhans das Haus nach dem verheerenden Brand von 1843 unter Beibehaltung der altgewohnten Fassade völlig umgestaltete und das Logenrund durch durchgehende Ränge ersetzte. Hier wurde 1898 Richard Strauss Nachfolger von Meistern wie Carl Ph. E. Bach oder Giacomo Meyerbeer als Hofkapellmeister. 1925 leitete Erich Kleiber als Musikchef der Lindenoper die Uraufführung von Alban Bergs „Wozzeck“.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zweimal von Bomben zerstört: Nach dem Angriff vom 9. April 1941 ließen die nationalsozialistischen Machthaber den Prestigebau wieder errichten. Nach der Zerstörung am 3. Februar 1945 dauerte es ein Jahrzehnt, bis Franz Konwitschny am 4. September zur Einweihung des von Richard Paulick gestalteten, am friderizianischen Rokoko orientierten Opernhauses Wagners „Meistersinger“ dirigieren konnte. Nur sechs Jahre später ließ das DDR-Regime die Mauer bauen – West-Berlin konzentrierte sein Opernleben auf die neu errichtete Deutsche Oper . . . (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2017)

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