Glucks „konfuser Parnass“, ganz jung, im Schönbrunner Schloss

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Gelungene Ko-Produktion der Musik-Unis Leipzig und Wien, der "Angewandten" und des Pariser Conservatoire supérieur. Ein rundum beglückender – und rarer Abend: Interdisziplinarität ist hier kein Schlagwort.

Wien im Barock-Fieber, an der Wien und bei den „Resonanzen“ im Konzerthaus. Und doch: Den Schauplatz des Schönbrunner Schlosstheaters kann niemand toppen. Christoph Willibald Gluck verfasste 1765 in nur acht Wochen für die Hochzeit Josephs II. eine „Azione teatral“ nach einem fein ironischen Text Pietro Metastasios: „Il Parnaso confuso“ handelt – von sich selbst. Sind doch die Musen angehalten, innerhalb eines Tages für eben diese Hochzeit eine Aufführung zu liefern. Sie scheitern kläglich und hoffen auf Güte des Herrschers. Kaiser Joseph hatte dafür wenig Humor – ob es an den Vortragskünsten der kaiserlichen Kinder oder am Sujet lag, ist nicht überliefert. Wie das Spektakel damals ausgesehen hat, kann man heute jedenfalls anhand von zwei Gemälden in der Hofburg studieren.

Und wie entsteht heute Kunst, von so viel historischem Ballast beschwert? Die Lösung dieses Abends lautet: Lustvoll mixen. Stimmig gelingt dies bei den elektroakustischen Kompositionen der Studenten von Karlheinz Essl, die beeindruckend mit Glucks Musik spielen – inklusive Brummen des Kühlschranks, aus dem das fantastische Pariser Ballettensemble, von Plastik umhüllt, hereinschwebt.

Raffinierte Tanzeinlagen aus Paris

Das ist nur eine der gefinkelt in die Szene integrierten Tanzeinlagen. Nicht minder ideenreich sind die Regie von Marianna Andreev, die mit Witz die im Grunde handlungsarme Nummernfolge zum Leben erweckt, und die Bühne (Joanna Piestrzyńska), als Substandardstudenten-WG konzipiert, worin drei Musen – Melpomene (herrlich altbacken als Lehramt-Studentin: Claudia Chmelar), Erato (überzeugende Fächerkombi Publizistik/Ethnologie: Christina Kummer) und Euterpe (wohl IGP Flöte: Tine Matthiessen) – von Apollo (Marke barocker Jus-Student: Jelena Stefanic) mit der Hiobsbotschaft aufgerüttelt werden, aber dann lieber mit dem silbernen Apfel „iMac“ surfend die Zeit vertrödeln, woraufhin sie die Hochzeit verpassen.

Die quirligen, spielfreudigen Sopranistinnen meistern die Arienfeuerwerke samt Koloraturen bravourös, das Collegium Musicum Leipzig unter Ingomar Rainer begleitet im besten Sinn unaufdringlich, bleibt aber doch stets präsent. Ein rundum beglückender – und rarer Abend: Interdisziplinarität ist hier kein Schlagwort. isa

Noch am 26. und 28.Jänner (19 Uhr) Schlosstheater Schönbrunn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2011)

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