Melba Ramos: In Wien zur Primadonna geworden

(c) Volksoper
  • Drucken

Die Volksopern-Diva aus Puerto Rico ist mit von der Partie in Direktor Robert Meyers erster Operninszenierung und erzählt im Gespräch mit der "Presse" über die Lust am Singen und ihre Wahlheimat.

An der Volksoper hat sie die meisten ihrer großen Partien gesungen, von der Traviata bis zur Madame Butterfly. Und doch ist Melba Ramos keine typische Volksopern-Primadonna, denn eine Sparte bleibt in ihrem Repertoire beinah völlig ausgespart: „Operetten habe ich mit Ausnahme des ,Zigeunerbarons‘ bisher kaum gesungen, aber ich freue mich, dass ich demnächst als Rosalinde in der ,Fledermaus‘ debütieren darf.“

Die Operette war freilich nicht der Grund, warum es sie an die Donau verschlagen hat: „Nach Wien gekommen bin ich Mozarts wegen. Ich habe in Salzburg in Christine Mielitz' Inszenierung von ,Così fan tutte‘ anlässlich der Mozartwoche gesungen. Von dort hat man mich an die Volksoper geholt, wo ich jetzt meine achte Spielzeit erlebe. Und ich habe vor, noch eine Zeitlang zu bleiben. Ich bin gern in Wien. Meine Tochter geht hier zur Schule – und hat unlängst erwähnt, sie würde auch gern Sängerin werden. Wenn auch nicht in der Oper, eher im Pop-Bereich. Man sieht: Ich hab's nicht leicht. Hoffentlich überlegt sie sich das noch.“

Über Bayreuth zur „Traviata“

Für Melba Ramos selbst war schon früh klar, dass das Singen ihre Profession werden würde: „Ich singe ja, seit ich denken kann. Zu Hause in Puerto Rico ist immer gesungen worden. Als Chorsängerin war ich dann fasziniert von der Welt der Harmonik, habe dann sogar angefangen, selbst einen Chor zu leiten. Als Hobby. Dann bin ich auf die Universität gegangen.“

Als Gesangsstudentin kam sie nach Europa – „und zwar im Zuge eines Studienprogramms der Bayreuther Wagner-Festspiele. Aus den geplanten zwei Wochen sind dann Jahre geworden.“ An der Volksoper ist Melba Ramos Premierenbesetzung für viele Produktionen, demnächst singt sie die Georgette in dem von Direktor Robert Meyer höchstpersönlich inszenierten Puccini-Doppelabend „Der Mantel/Gianni Schicchi“.

„Der Mantel“, sagt sie, „ist eine ungewöhnliche Oper mit einer Musik, die für Puccini auch höchst ungewöhnlich ist, härter konturiert als die früheren Stücke. Es klingt völlig anders als ,Bohème‘ oder ,Butterfly‘. Die Georgette ist auch eine eigenwillige Rolle, ich war anfangs, muss ich gestehen, ein bisschen verwirrt angesichts der Geschichte, die da erzählt wird. Aber wenn man tiefer in die Sache eindringt, wenn man genau liest, was Puccini auch an szenischen Angaben und über die Charaktere in die Partitur geschrieben hat, dann spürt man, dass im ,Mantel‘ ebenso fein gezeichnete Menschenporträts zu finden sind wie in den berühmteren Stücken.“

Von ihrem Stammhaus unternimmt die Künstlerin seit geraumer Zeit auch Reisen, „wenn es schöne Angebote gibt. Demnächst singe ich in Zagreb meine erste ,Troubadour‘-Leonore, eine Partie, von der ich seit Langem träume. Ich komme ja von den Koloratur-Partien her, habe viel Mozart und viel Barock gesungen. Leichtigkeit nach oben hin hat meine Stimme immer gehabt, sie ist aber in den vergangenen Jahren bedeutend dunkler geworden, man könnte sagen, es ist ein bisschen mehr Fleisch da. Ich hätte nie geglaubt, wie sich eine Stimme entwickeln kann. Ein Dirigent hat vor vielen Jahren zu mir gesagt: Sie singen jetzt die Königin der Nacht, aber wenn Sie die richtige Technik hätten, könnten Sie bald auch die Amelia im ,Maskenball‘ singen. Das fand ich grotesk, aber heute weiß ich: Er hatte recht. Als zum Beispiel das Angebot kam, in einer Aufführung des ,Verdi-Requiems‘ mitzuwirken, habe ich den Dirigenten ungläubig gefragt: Hörst du das wirklich in meiner Stimme? Ja, hat er gesagt, immer schon.“

Darf man als junger Sänger Ratschläge annehmen, oder muss man lernen, auf sich selbst zu hören? „Ich glaube“, sagt Melba Ramos, „es gibt immer jemanden, der einem das Richtige sagt. Aber ob man ihm zuhört? Besonders wenn man jung ist, macht man leichtsinnig auch Fehler. Ich habe nie etwas gewagt, was ich dann bereut hätte. Es gab aber Momente, wo ich dachte: Das war zwar nicht schlecht, aber es ist nicht der Hit für mich. Man soll sich immer die Türen offenlassen. Man kann etwas ausprobieren, ohne sich weh zu tun. Ohne Emotion! Wenn man den Kopf klar hält und weiß, was man tut, dann kann nichts schiefgehen.“

Salsa in Wien? Kein Problem!

In Österreich zu leben, „das war am Anfang ein bisschen schwer. Wenn man 14 Jahre in Deutschland verbracht hat, dann empfindet man doch sehr den Unterschied in den Mentalitäten. Man spricht hier deutsch, gut. Aber ich habe in Norddeutschland die Sprache gelernt und in Wien am Anfang überhaupt nichts verstanden. Und, abgesehen von der grundlegenden Verständigung: Bis man die Sprachmelodie versteht, das, was wirklich gemeint ist, das dauert seine Zeit. Mittlerweile liebe ich auch die Wiener Sprache. Es geht mir gut. Und durch meinen Freund bin ich auf meine Wurzeln zurückgekommen. Er hat nämlich einen Salsa-Kurs gemacht, gerade als wir uns kennengelernt haben. Und seither tanzen wir Salsa.“

Kann man das in Wien stilecht tun? „Oh ja“, sagt die Puertoricanerin, „es gibt sogar zwei Clubs, wo man Unterricht nehmen kann. In Wiens gibt's ja alles. Nicht nur kulinarisch. Jedenfalls entdeckt man immer wieder etwas Neues. Oft in irgendeiner unscheinbaren Ecke. Auch nach Jahren.“

Auf einen Blick

Melba Ramos hat am Casals-Konservatorium in San Juan studiert und debütierte als Despina in Mozarts „Così fan tutte“. Von 1989 an war sie in Köln und Wuppertal engagiert. An der Volksoper ist sie seit 2004/5 engagiert und sang Partien von Mozarts Pamina bis zu Richard Strauss' Ariadne.
Premiere: „Der Mantel/Gianni Schicchi“ (Rolle der Giorgietta) am 26. Februar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.