Mahler, Zemlinsky und Almas vielfältige Amouren

(c) ORF (Ali Schafler)
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In ihrem letzten Salzburger Konzertprogramm musizierten die Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst mustergültig Zemlinsky und Schubert, als Tribut an Gustav Mahler.

Von den zahlreichen Möglichkeiten, in einem Mahler-Jahr an den Komponisten zu erinnern, hat Salzburgs Intendant Markus Hinterhäuser die anspruchsvollste, wohl auch nachhaltigste gewählt. Statt Mahlers symphonisches Werk und Liedwerk möglichst vollständig von verschiedenen Interpreten aufführen zu lassen, spürt er vielschichtigen Mahler-Beziehungen nach. Dabei stößt man rasch auf Alexander Zemlinsky. Nicht nur, weil ihn ein Liebesverhältnis mit Mahlers späterer Frau Alma verband, sondern weil sich die beiden Komponisten gegenseitig künstlerisch beeinflussten.

Etwa bei der „Lyrischen Symphonie“, von der Zemlinsky selbst bekannte, dazu von Mahlers „Lied von der Erde“ inspiriert worden zu sein. Im Mittelpunkt seiner siebenteiligen Lieder-Symphonie steht die Geschichte einer unerfüllten Liebe, was sich als Reflexion auf Zemlinskys unglückliche Liebe zu Alma deuten lässt. Verständlich, dass sie sich dann weigerte, dieses Werk gemeinsam mit der unvollendet gebliebenen Zehnten Symphonie ihres Mannes uraufführen zu lassen, Mahlers Reaktion auf Almas Affäre mit dem Architekten Walter Gropius. – Das wäre wohl zu viel des Beziehungsgeflechts gewesen.

Emotionen, aus Umsicht geboren

Mittlerweile hat sich Zemlinskys Opus 18 als eines der Schlüsselwerke des musikalischen Fin de Siècle durchgesetzt. Die diffizilen Sehnsuchtsgesänge entfachen entsprechend Wirkung. Vorausgesetzt, man erfüllt penibel die zahlreichen Anweisungen der Partitur, verbindet dies mit entsprechend persönlicher Bewegtheit und weiß diese Emotion, wie bei dieser Matinee im Großen Festspielhaus, auf ein so präzise wie musikantisch agierendes erstklassiges Orchester und zwei ideal aufeinander eingestimmte Solisten – der profunde Bariton Michael Volle und die glasklar artikulierende Christine Schäfer – zu übertragen.

Selbstredend, dass Welser-Möst auch nur den kleinsten Anflug von Sentimentalität vermied, stattdessen auf Transparenz, klare melodische wie rhythmische Linien setzte. Wie schon davor, bei Schuberts populärem d-Moll-Quartett, „Der Tod und das Mädchen“, das in Mahlers unterschiedlich schlüssiger Streicherorchesterfassung erklang, die dieser als junger Kapellmeister in Hamburg angefertigt hatte.

Auch hier konzentrierte sich Wiens GMD auf eine konzise Herausarbeitung der Strukturen, durchsichtigen Klang und schlug Tempi an, wie sie in sich stimmiger kein Quartett wählen könnte. Morgen, Samstag, wiederholen die Philharmoniker dieses Programm in Salzburg, am 3.September spielen sie in Grafenegg Schubert und Dvoráks Fünfte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2011)

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