Eine etwas laue "Manon" mit viele Rollendebüts

Eine etwas laue Manon
Eine etwas laue Manon(c) FABRY Clemens
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Staatsoper: Puccini, passend zu Weihnachten, in der Shopping Mall. Das Orchester könnte verschwenderischer klingen.

Es weihnachtet in der Wienerstadt. Auf der Flanier- und Spendiermeile für Oligarchenbörsen, dem Kohlmarkt, hin zum Graben und zur Kärntner Straße, die mit ihren in alle Einkaufsmeilen dieser Welt metastasierenden Billigketten auch etwas für die kleineren Geldtascherln zur Verfügung haben, hängen längst die glitzernden Weihnachtseinkaufsstimulanzien über den Passanten.

Nur konsequent, dass die Staatsoper gerade jetzt Puccinis „Manon Lescaut“, besser: Robert Carsens Shoppingmall-Transfer des Stoffes, wieder ins Programm genommen hat. Als wär's die Verlängerung der Kärntner Straße auf die Staatsopernbühne, darf nun die zwischen Liebe und Laster hin und her gerissene Manon ihr Schicksal im Einkaufstempel erleiden. Da verlocken also die Roben in den Schaufenstern und glitzernde Preziosen das junge Ding anstelle ins Kloster auf die schiefe Bahn. Der Aufmarsch der zur Deportation verurteilten gefallenen Mädchen wird als Modeschau abgewickelt, wo die armen Dinger in Handschellen und mit verschmierten Lippenstiftmündern, wie einer exaltierten Haute-Couture-Fantasie entsprungen, vorbeidefilieren. Ach ja, die Macht des Konsums hält alle gefangen – ein fesselndes Konzept ist diese Carsen-„Manon Lescaut“ dennoch nur sehr bedingt. Aber Carsen wollte ja vor allem den Archetypus der vom Glanz des Wohlstands Verführten auf die Bühne setzen...

Verschwenderischer darf es noch klingen, vor allem aus dem Orchestergraben, in dem Philippe Auguin aufrichtig kapellmeistert und das Werkel dennoch nie so recht in Schwung kriegt. Die großen Bögen, die rechte Spannung stellen sich da nur selten ein, ein bisschen ruckelt das ganze noch zu buchstabiert, um durchgängig packen zu können.

Guryakova und Cura klingen zu grob

Auf der Bühne reiht sich diesmal ein Wiener Rollendebüt an das andere. Restlos glücklich macht aber auch diese Tatsache nicht.

Olga Guryakova hat mit ihrer Manon die dramatisch kraftvollen Ausbrüche auf der Habenseite. Das junge Mädchen muss bei ihrem doch recht robusten und in der Höhe nicht immer souverän anspringenden Sopran zwangsläufig eher auf der Strecke bleiben. Ein Freund von Feinzeichnung ist auch ihr Des Grieux nicht. José Cura stellt sich mit dieser Rolle in Wien erstmals vor und macht zumindest mit Intensität einiges wett. Eijiro Kai als Manons Bruder, Sorin Coliban als Geronte und Ho-yoon Chung als Edmondo ergänzen das Ensemble unauffällig solide.

Bleibt zu hoffen, dass sich diese „Manon Lescaut“-Serie noch steigert – und das Weihnachtsgeschäft natürlich auch.

Auf einen Blick

Manon, die ins Kloster soll, brennt mit dem mittellosen Studenten Des Grieux durch.Puccinis Version des Stoffes steht noch am 29.11, am 2.12. und am 5.12. auf dem Staatsopernspielplan: Olga Guryakova und José Cura singen die Hauptrollen, Philippe Auguin dirigiert. Die nächste Premiere ist am 11. Dezember. Franz Welser-Möst dirigiert Mozarts „Don Giovanni“ (Regie: Martinoty).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2010)

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