"Den Männern ebenbürtig"

Maennern ebenbuertig
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Thomas Irnberger, Barbara Moser: Musik von Frauen.

Dass das Komponieren eine Männerdomäne ist, daran wird sich so schnell nichts ändern, wie es scheint. Doch zur Freude politisch korrekter Kommentatoren, aber auch des Publikums, finden kundige Interpreten in den Archiven eine Menge Musik, von Damen komponiert, die auch neben Meisterwerken der großen (männlichen) Romantiker bestehen können. Das beweisen der Geiger Thomas Albertus Irnberger und die Pianistin Barbara Moser auf ihrer jüngsten CD „Den Männern ebenbürtig“, in deren Beiheft sie sich gar nicht lange mit den notorischen Verteidigungsreden aufhalten, sondern, wie sie unumwunden bekennen, bewusst „die Musik sprechen lassen“ möchten. Vielmehr vermitteln die fundierten Texte, die von der Pianistin selbst verfasst wurden, die nötige Zusatzinformation. Letztere bringen tatsächlich exzellente Musik ans Licht: Ethel Smyths formvollendete Violinsonate op. 7, die klassizistisch-elegante Zweite Sonate (op. 39) von Louise Farrenc (die mit einem hübschen Echo von Beethovens „Frühlingssonate“ anhebt), sechs abwechslungsreiche Charakterstücke aus der Feder von Pauline Viardot sowie als Zugabe ein Nocturne der früh verstorbenen Lili Boulanger, die von allen vielleicht das größte Talent war. Jedenfalls ist das Spiel mit erwarteten, vorenthaltenen und „umgeleiteten“ Harmonien in ihrem „Nocturne“, das Irnberger und Moser elegant und poetisch hintupfen, nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein intellektuelles Vergnügen. Überdies versteht, wer die CD hört, warum sich ein Meister wie Bruno Walter für Ethel Smyth begeistert hat.

Zu viel Rotstift. Die forsche Dame mit zu Recht hohem Selbstbewusstsein hat nicht nur als Suffragette Standhaftigkeit bewiesen, sondern auch gegenüber der Leipziger Opernintendanz, der sie nach der Premiere ihrer Oper „Strandrecht“ kurzerhand das Notenmaterial „entwendete“, um weitere Aufführungen zu verhindern: Man hatte zu stark mit dem Rotstift gewütet, befand Smyth und verzichtete auf Folgevorstellungen ihres dieserart verstümmelten Geisteskindes. Irnberger und Moser präsentierten sich auf diesem Album als exzellentes Duo, das sich durchaus  für weitere Aufgaben empfiehlt – sogar für Werke männlicher Komponisten, ließe sich ironisch anmerken. Das Zusammenspiel ist geschmeidig, subtil und, wo’s drauf ankommt, auch energisch und brillant: Wie Moser dem Geiger etwa in Viardots „Bohemiénne“ rhythmisch unterzündet, ist ein interpretatorisches Kabinettstück. So lauscht man animiert – und lernt dabei allerhand dazu. 

„Den Männern ebenbürtig“ (Gramola 98966)

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