Ausstellung: Blumen, auch die des Bösen

Ausstellung: Blumen, auch die des Bösen
Ausstellung: Blumen, auch die des Bösen(c) Museum der Moderne Salzburg
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Das Salzburger Museum der Moderne bietet eine attraktive und hintergründige Sommer-Gruppenschau: „Flowers & Mushrooms“.

Thaddaeus Ropac kann zufrieden sein mit der letzten Saison von Toni Stooss als Direktor des Salzburger Museums der Moderne. Der Galerist kann seine Sammler wieder elegant auf den Mönchsberg verweisen, wo nach Ropac-Künstler Alex Katz nun Ropac-Künstler Hubert Scheibl ausstellt. Und in der „Flowers & Mushrooms“-Gruppenschau Sylvie Fleury, Robert Mapplethorpe und Andy Warhol präsentiert werden, alle Ropac-Künstler. Derlei scheint die Salzburger Kulturpolitik bisher nicht gestört zu haben. Dass unter der im Herbst antretenden neuen Direktorin, Sabine Breitwieser, allerdings Anselm-Kiefer- oder Baselitz-Ausstellungen zu sehen sein werden, kann man, aus Kenntnis ihres strikten Programmkonzepts, so gut wie ausschließen.

Doch auch die Salzburger können zufrieden sein heuer: Mit der zusammengehörenden Scheibl- und Schwammerl-Ausstellung ist ein Coup gelungen, eine attraktive und hintergründige Sommerschau. Die sich fast als persönliches Abschiedsgeschenk von Stooss interpretieren lässt, ist der Schweizer doch Sohn eines „Gärtnermeisters und Pilznarren“, wie man dem Katalog entnehmen kann. Gemeinsam mit den Kuratoren Tina Teufel und Veit Ziegelmaier folgt er den Blumen- und Pilzdarstellungen der Kunstgeschichte seit dem 19. Jahrhundert mit einem Schwergewicht auf Fotografie und Skulptur.

Besonders schön sind die Parallelen zwischen zeitgenössischer Großplastik von Thomas Stimm, Carsten Höller und Sylvie Fleury und historischen botanischen Modellen, auf die man auch in der Malerei-Ausstellung „Plants and Murders“ von Hubert Scheibl im Stockwerk darunter trifft. Die teils betörend schönen Modelle u. a. von Reinhold Brendel um 1900 sind zum Teil aggressiv schön. Was direkt zu einem klassischen Hauptthema überleitet – den Blumen des Bösen, den von Baudelaire geprägten „Fleurs du Mal“. Entfremdung vom Sein, von der Natur kann man bei den mit Autolack überzogenen, glitzernden Riesenpilzen Fleurys ebenso ablesen wie von Stimms archetypischen Kunstblumen, die einen auf der großen Treppe empfangen.

Derzeit beunruhigendstes Kunsterlebnis

Das Zentrum des floralen „Bösen“ aber betritt man mit einem Raum, den jeder, der es 2009 nicht zur Biennale Venedig geschafft hat, gesehen haben sollte: Für „The Experiment“ erhielt Nathalie Djurberg damals den Silbernen Löwen für die beste Nachwuchskünstlerin. Eines der beunruhigendsten Erlebnisse, das die Kunst derzeit bietet. In einem dunklen, überlebensgroßen Blumenhain laufen Videos mit Knetfiguren-Animationen. Djurberg wiegt einen damit erst in kindlicher Faszination, um dieses Vertrauen dann durch albtraumhafte Szenen zu brechen. Eine nackte Frau wird von ihren eigenen Extremitäten gefoltert. Ein Mann und eine Frau verschmelzen bei der Flucht durch ein fleischfressendes Paradies zu einer entsetzlichen Schicksalsgemeinschaft.

Das ist harter Stoff. Aber gut gemacht. Böser können Blumen nicht sein. Die Gleichsetzung von Blumen mit Frauen/Erotik ist ebenso Thema wie die der prekären Blumenschönheit mit dem Tod. Prächtige, farbgewaltige Beispiele etwa von David Lachapelle und Marc Quinn wechseln mit poetischen ab, etwa den Fotos von Michael Wesely, der mit der Kamera das Dahinwelken von Blumensträußen festhielt. Oder der Doppel-Diaprojektion der Schweizer Fischli/Weiss, die Jahre an flüchtigen Hybriden von Blumen und Pilzen tüftelten. Von ihnen stammt auch der Ausstellungstitel, „Flowers & Mushrooms“. Kongenial dazu passt im Stock darunter die Konzentration Hubert Scheibls auf die vegetativen Spuren in seiner abstrakten Malerei. Angeregt durch Scheibls Entdeckung der Brendelschen Botanikmodelle sehen auch wir mehr Gras in seinen Bildern. Und damit ist nicht (nur) der Kunstrasen gemeint, der den Schritt abbremst, um Ruhe für die Zeichnungen und Ölbilder zu gewinnen. Ganz prinzipiell wird das Werden von Formen, ja vielleicht sogar vom Leben selbst in den hellen Bildern spürbar, aus deren flächigem, deckendem Weiß die Farben so zart und drängend sprießen. Schön ist das. Alles.

„Flowers & Mushrooms“, bis 27. 10.; „Plants and Murders“, bis 20. 10.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2013)

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