Gold und Gloria: Prinz Eugens erstes Palais

Erster Rundgang durch das neue Museum.

Der spanische Botschafter in Wien hätte wohl am liebsten selbst dabei geholfen, ein paar Koffer zu tragen. Könnte man sich heute vorstellen. Als sein wohl treuester Hausgast auszog – nach elf Jahren! Solange hatte Prinz Eugen bei ihm gewohnt, bis der junge Feldherr es sich 1696 leisten konnte, einen eigenen Grund zu erwerben. Nicht in allerprominentester Lage nahe der Hofburg, sondern in der engen Himmelpfortgasse. Als Architekt engagierte er Johann Bernhard Fischer von Erlach, den er später durch dessen Konkurrenten Lucas von Hildebrandt ersetzte. Das ursprünglich überschaubare Palais wuchs und wuchs, von sieben Fensterachsen auf letztlich 17. Steht man vor dem Eingang und blickt hinauf, kann man diese Fassade gar nicht richtig fassen.

Nicht richtig fassen kann man, selbst als barockgeeichter Wiener, auch Glanz und Gloria der Zimmerfluchten in der Beletage. Nie waren diese von vergoldeten Lamperien und Verzierungen überquellenden Räume öffentlich zugänglich. Bisher. Nach dem Tod des Prinzen kaufte Maria Theresia das Palais dessen Erbin ab, erst zog die Bergbaubehörde ein, dann die Hofkammer, die später Finanzministerium wurde. Doch erst Maria Fekter hatte keine Lust mehr, hier zu „residieren“. Und übergab die Räume an das Museum Belvedere, immerhin für das ehemalige Sommerpalais des Prinzen verantwortlich.

Dessen Direktorin Agnes Husslein kann jetzt hier eine frisch renovierte, frisch adaptierte Stadtfiliale eröffnen. Was am 18.Oktober geschehen wird – mit einer Ausstellung von Gemälden, Möbeln und Waffen des ehemaligen Hausherrn. Kurator dieser Einweihungsschau ist Barockexperte Georg Lechner, der auch die kleinere parallele Schau zur Menagerie Eugens im Oberen Belvedere gestaltet.

Das Motiv auffällig mächtiger Atlanten, also die Decke tragender Muskelmänner, ist es, das den Eingangsbereich von Sommer- und Winterresidenz miteinander verbindet. Im Oberen Belvedere stützen sie die Sala Terrena, im Stadtpalais das Treppenhaus – das bedeutendste Barocktreppenhaus Wiens. Die Skulpturen sind von Giovanni Giuliani, die schwierige Vorgabe eines Eckstiegenhauses ist effektvoll gelöst. In der Hauptachse posiert ein mächtiger Herkules, das Leitmotiv Eugens in seiner ersten „Wohnung“. Der erfolgreiche Feldherr setzte sich gleich mit seinem Lieblingshelden, im Eintrittssaal wurde das nahezu aufdringlich: An der Decke sah man die Taten des Herkules, an den Wänden die des Prinzen. Heute ist die selbst für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Anmaßung nicht mehr nachvollziehbar – der Saal wurde bei Maria Theresias Umwidmung in ein Amtsgebäude geteilt, das Deckengemälde ist verloren, die Schlachtenbilder wurden im 20.Jahrhundert umgehängt, weiter nach hinten, in den ehemaligen Tanzsaal.

Zeitgenössische Interventionen. 1500 Quadratmeter stehen dem Belvedere zur Verfügung, die Hälfte davon Ausstellungsfläche. Nach der ersten Schau soll auch Zeitgenössisches einziehen, man denkt an die Präsentation von Privatsammlungen und an Interventionen von Künstlern in den schwierig zu bespielenden Fluchten.

Allein das ehemalige Goldkabinett, hier kann nichts gehängt werden. Die Wandmalerei galt bisher als anonym, „es kam ja fast niemand hier herein“, meint Lechner. Neuesten Erkenntnissen zufolge ist sie von Franz Caspar Sambach. Auch die winzige Kapelle, die Maria Theresia einbauen ließ, muss noch untersucht werden, bei der Malerei sei „starke Maulpertsch-Nähe“ zu erkennen, sagt Lechner. Erstmals wurde auch das Deckenfresko wieder sichtbar gemacht, das hinter einer abgehängten Zwischendecke in der ehemaligen Galerie die Zeiten überdauert hat. Eine Salzburger Firma ist in den Schluf gekrochen, hat fotografiert und gescannt: bis die Szene der Entführung der Nymphe Oreithya durch Boreas wieder sichtbar wurde, zumindest auf Papier. Hier nächtigten einst übrigens die Gattinnen der Finanzminister. Lange vor Grassers Zeiten.
Wien 1, Himmelpfortgasse 8, ab 18. Oktober. Ausstellung bis 27. April.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.