Die Sammlung von Tony Bekessy

Egon Schieles „Liebende“ von ca. 1909, geschätzt auf 94.500 bis 142.000 Euro.
Egon Schieles „Liebende“ von ca. 1909, geschätzt auf 94.500 bis 142.000 Euro.Sotheby’s
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Er hat in Wien einen Namen als Mäzen, seinen Großvater hatte Karl Kraus noch „Schuft“ geschimpft. Jetzt wird Antal Bekessys Sammlung versteigert.

Das Telefon läutet und läutet, aber niemand hebt ab, auch kein Anrufbeantworter meldet sich. Einen Versuch war es wert, wenn ein illustrer New Yorker Mäzen mit seinem Wiener Wohnsitz schon im allgemeinen Telefonbuch steht. Aber Antal Post de Bekessy, der nächstes Jahr siebzig wird, wohnt schon länger nicht mehr hier in der Löwelstraße, aus gesundheitlichen Gründen, hört man. Bekessy hat das Wiener Kulturleben breit unterstützt, englische Übersetzungen der Staatsopern-Programmhefte finanziert, Belvedere, MAK und Albertina gefördert. Er sammelte auch selber Kunst, vom Biedermeier bis Anfang des 20.Jahrhunderts.

Ab Mittwoch sind nun Teile dieser Sammlung für zwei Tage in der Wiener Sotheby's-Dependance ausgestellt, die Sammlung wird im nächsten halben Jahr auf mehrere Auktionen verteilt in London und Paris versteigert. Vieles davon hat Bekessy in Wien gekauft, „im Kinsky“, bei Hassfurther, Giese& Schweiger oder Wienerroither und Kohlbacher. Die Preisentwicklungen auf dem internationalen Markt dürften also interessant werden.

Das Werk mit dem höchsten Schätzpreis des Konvoluts ist eine vergleichsweise züchtige Zeichnung Egon Schieles, die ein stehendes Mädchen in Unterwäsche zeigt (354.000–472.000 Euro). Die Kreidezeichnung von 1914 hat Bekessy vor vier Jahren „im Kinsky“ 383.000 Euro gekostet.

Auch Carl Molls prächtige „Dahlien“ sind etwas höher taxiert als sie 2007 ebenfalls „im Kinsky“ kosteten: Der jetzige Schätzpreis setzt etwas höher an, da, wo der damalige endete, nämlich bei 180.000 Euro (bis 299.000 Euro). Weitere Werke kommen von Kokoschka, Klimt, Tina Blau, Waldmüller und Rudolf von Alt. Die Veräußerung dieser Sammlung könnte dem Wiener Markt also ein gutes Feedback geben.

„Hinaus aus Wien mit dem Schuft“. Bekessy war zumindest zeitweise hierhin zurückgekehrt, wo sein Vater und Großvater teils unrühmliche Karriere machten. Imre Bekessy war der ungarische Verleger und Journalist, der in Österreich die erste Boulevardzeitung gründete. Ab 1923 brachte er die Tageszeitung „Die Stunde“ heraus, mit fetten Schlagzeilen, vielen Bildern und Skandalgeschichten, die auch der Erpressung von Prominenten dienten, wie sich herausstellte. Sein entschiedener Gegner war Karl Kraus, der damals den auf Bekessy gemünzten Satz prägte: „Hinaus aus Wien mit dem Schuft.“

Bekessy verließ daraufhin Wien Richtung Ungarn. 1938 musste der jüdischstämmige Verleger dann ins Schweizer Exil, 1940 in die USA fliehen. Nach dem Krieg kehrte er zurück, starb 1951, zusammen mit seiner Frau, an einer Überdosis Morphium in Budapest.

Sein Sohn Hans Habe, Schriftsteller und Journalist, beschrieb diese Tragödie später in seiner Autobiografie „Ich stelle mich“. Der zum Teil in Hollywood arbeitende Habe hatte 1942 Eleanor Close geheiratet, deren Mutter, Marjorie Merriweather Post, die Erbin von General Foods Inc. war. Zu ihren Lebzeiten als „reichste Frau Amerikas“ bezeichnet, war sie nicht nur Philanthropistin, wie das in den USA immer so schön heißt, sondern auch eine große Sammlerin von französischer und russischer Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts, ausgestellt im Hillwood Estate in Washington.

Ihr Enkel „Tony“, Antal Post de Bekessy, hat sich die Leidenschaft seiner Großmutter zu Herzen genommen, sie sozusagen auch zeitlich weitergeführt. Warum er jetzt verkauft, darüber kann man nur spekulieren. Zuletzt war Bekessy in den Medien, als 2009 ein Rechtskrieg um das Erbe seiner Mutter entbrannte – mit seiner Tochter.

6., 7.November 10–18 Uhr, Sotheby's, Herrengasse 5, 1010 Wien

Die Bekessys

Imre Bekessy(1887–1951) gilt als Gründer des Boulevardjournalismus in Österreich, er gab ab 1923 die Tageszeitung „Die Stunde“ heraus.

Hans Habe
(1911–1977), Imre Bekessys Sohn, wurde 1931 durch sein Engagement bei der „Österreichischen Abendzeitung“ einer der jüngsten Chefredakteure Europas. 1936 debütierte er auch als Schriftsteller. 1940 emigrierte er in die USA, wo er auch in Hollywood arbeitete.

Antal Post de Bekessy (geb. 1944) ist der Sohn Hans Habes mit Eleanor Close, Tochter der einst „reichsten Frau Amerikas“, Marjorie Merriweather Post.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2013)

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