Ein amerikanischer Sommer in Salzburg

"Heretics" von Robert LongoGalerie Thaddaeus Ropac
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Während der Festspiele locken die Galerien mit zahlreichen US-Stars und Pop-up-Ausstellungen.

Jeden Tag schaute er von Salzburg aus auf die andere Seite des Tales, wo Hitlers Ferienresidenz am Obersalzberg lag. Dieser Blick und dazu die polizeilich angeordnete Durchsuchung seines Hauses veranlassten Stefan Zweig, seine Heimat zu verlassen. Das war 1933. Sechs Jahre später begann er im Exil in England sein autobiografisches Werk „Die Welt von Gestern“ zu schreiben. Zitate aus diesem Buch hängen jetzt im Großen Festspielhaus. Es ist die Installation „Die Neue Zeit/Die Welt von Gestern“, die die in Wien lebende Künstlerin Nives Wiedauer hier zeigt. Zur Eröffnung las Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf einige Passagen aus dem Buch vor.

Das Aufeinandertreffen der Künste hat Tradition in Salzburg. Pünktlich zu den Festspielen beginnt hier jedes Jahr auch die Kunstsaison. Zentraler Festspiel-Künstler heuer ist der US-amerikanische Star Robert Longo, der 1993 bereits ein Bühnenbild für „Lucio Silla“ entwarf und jetzt eingeladen wurde, das Jahresprogramm mit seinen Werken „optisch zu gestalten“, wie Helga Rabl-Stadler im Katalogvorwort schreibt. Einige seiner Kohlezeichnungen sind im Haus für Mozart ausgestellt: Die große, knallrote Rose ist dem Rosenkavalier zuzuordnen, die theatralisch inszenierten Frauenbilder tragen die Namen der weiblichen Hauptfiguren aus der Oper „Don Giovanni“: „Donna Anna, 1003“, „Donna Elvira, 1004“, „Donna Zerlina, 1005“. Die Zahlen beziehen sich auf die Menge der Liebschaften des Casanovas.

Furien und Biester.
„Furies, Beasts and Servants“ betitelt Longo seine Ausstellung. Sie ist zugleich Teil eines anderen Projektes: „An American Summer“, so nennt Thaddaeus Ropac seine vier über die Stadt verteilten Verkaufspräsentationen, bei denen er Longo, Alex Katz, Tom Sachs und Andy Warhol zeigt. Ropac ist der Platzhirsch der Galeristen in Salzburg, der seinen Kunden ein intensives Kunstprogramm bietet.

Vor einigen Jahren hatten einige Galerien aus Wien versucht, ebenfalls das hochkarätige Publikum der Festspiele anzulocken. Die Galerie Meyer-Kainer kam 2002 ein einziges Mal nach Salzburg. Sie seien sehr erfolgreich gewesen, erklärt Christian Meyer, aber die Wochen in Salzburg hätten ihnen bei der Vorbereitung der Herbst-Kunstmessen und vor allem als Urlaub gefehlt. Miryam Charim mietete drei Mal temporäre Räume in Salzburg. Aber auch für sie bedeutete es letztendlich zu viel Zeitaufwand. So bleiben in Salzburg nur die schon seit Jahren ansässigen Galerien – und temporäre Projekte wie Clemens Hollerers „Fuel to Fire“. Der steirische Künstler bespielt gleich vier Räume, darunter die Mercedes-Benz-Boutique namens Pappas und den „CastYourArt“-Ausstellungsraum, der in dem Restaurant Brandtners Paradoxon gastiert. „CastYour-Art“ ist eine Produktionsplattform für Filme über Kunst, die heuer in Salzburg zum vierten Mal eine Pop-up-Ausstellung zeigt.

Holzsplitter in der Wand. Mit Hollerer holt das Netzwerk eine spannende Installation in die Stadt der Bühnen. Seine Skulpturen bestehen aus zersplitterten und gebrochenen Holzbrettern. In Salzburg erinnern sie an die Reste eines Bühnenaufbaus, können aber auch als urbane Absperrungen gelesen werden, die kreuz und quer übereinander gestapelt über den Raum verteilt sind. In Pappas Boutique scheinen sie über dem historischen Mercedes Benz SL 300 zusammengebrochen zu sein, Splitter stecken in der Wand, und das Schaufenster scheint verbarrikadiert. Aber dann sieht man, wie akkurat die Bretter lackiert, wie präzise die Bruchkanten sind. Man ahnt, dass hier nicht brachiale Gewalt, sondern trotz der aggressiven Formen subtile Kunst zu sehen ist, deren Thema Ein- und Ausgrenzungen sind.

Wer nicht nur zeitgenössische Kunst, sondern auch Antiquitäten und Kunstschätze aus der Welt von gestern sucht, kann die 8. Art Salzburg besuchen, auf der heuer 24 Galerien im Hof Dietrichsruh auf dem Gelände der Salzburger Residenz ausstellen werden.


Robert Longo: 18.7. – 31. August
An American Summer: 25. 7. – 28. August
Clemens Hollerer: 30. 7. – 14. August
Art Salzburg: 15. – 24. August

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2014)

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