Austria'08: Werberin für Österreichs Kunst in der Welt

Agnes Husslein
Agnes Husslein(c) FABRY Clemens
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Direktorin Agnes Husslein hat auch die internationale Wahrnehmung des Belvedere verstärkt.

WIEN. Agnes Husslein ist eine Kämpferin, das weiß man nicht erst seit den letzten Monaten, durch die sich die Belvedere-Direktorin mit zertrümmerter Ferse von Ausstellungseröffnung zu Ausstellungseröffnung schleppte. Bei einer nächtlichen Bibliotheksschicht stürzte sie von der Leiter, eine heftige Geschichte. Mehrere Operationen folgten, jetzt zwingt die Ungeduldige sich sogar zur Physiotherapie.

Doch wenn Husslein sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht sie es durch, dafür ist sie so bekannt wie gefürchtet. Extrem impulsiv, manchmal sogar mit „Scheuklappen“, wie ein „Bulldozer“, gesteht sie ihre Schwächen durchaus ein. Ohne diese Eigenschaften hätte sie es als damalige Rupertinum-Chefin allerdings auch nie geschafft, gegen massive Anfeindungen das Museum der Moderne am Mönchsberg zu bauen.

„Die härteste Zeit meines Lebens“, erinnert sie sich stolz. Und sie hätte wohl auch nicht ihre Karriere vorzuweisen: von Anfängen in der Wiener Galerie Ulysses und beim Dorotheum zur blutjungen Sotheby's-Wien-Leiterin 1981 und schließlich zur toughen Belvedere-Direktorin.

Seit nunmehr eineinhalb Jahren leitet sie das Bundesmuseum, einst unter dem von ihr sogleich abgeschafften, da umständlich langen Beinamen „Österreichische Galerie“ bekannt. Wie ein Wirbelwind brauste die 1954 geborene Wienerin in das Traditionshaus, das vor allem von den zu Klimts „Kuss“ strömenden Touristen lebte. Husslein verlegte den Haupteingang vom Oberen ins Untere Belvedere, was eine nähere Anbindung zur Innenstadt ermöglichte, adaptierte das Untere Belvedere zum Sonderausstellungszentrum und baute die Orangerie zum modernen Ausstellungsraum um. Die dadurch aufgescheuchten Sammlungsteile konzentrierte sie im Oberen Belvedere.

Manchen ging das alles zu hitzig, das Publikum aber dankte es der neuen Direktorin – 2007 kamen 600.000 Besucher, um 30 Prozent mehr als zuvor, zu einem neuen, frischen Ausstellungsprogramm, das oft auch frech Alt und Neu mixt.

„Natürlich freue ich mich auch, viele Besucher zu haben. Aber vor allem haben wir die Aufgabe der wissenschaftlichen Aufarbeitung der österreichischen Kunst.“ Für ein Lieblingsprojekt in der Zukunft kann sich Husslein erst gar nicht entscheiden – von der 2010 geplanten Prinz-Eugen-Ausstellung bis zu den kleineren Interventionen der jungen Künstler im Oberen Belvedere liegen der Enkelin des Malers Herbert Boeckl alle gleich am Herzen.

Zwei „große Ziele“ ihrer Direktion kann sie trotzdem ausmachen: „Ich möchte die österreichische Kunst internationalisieren. Sie soll nicht nur in Österreich, sondern auch außerhalb der Grenzen wahrgenommen werden. Die Direktoren und namhaften Kuratoren haben sich in der Vergangenheit viel zu wenig darum gekümmert, waren auch selbst zu wenig vernetzt.“

„Zusammenreißen, Mäuslein“

Das zweite Ziel ist die Wiedereröffnung des seit Jahren brachliegenden 20er Hauses, wo eine „spannende Plattform für zeitgenössische Künstler“ entstehen soll. In zwei Jahren möchte Husslein eröffnen, wer ihren Willen kennt, kann tatsächlich auch für dieses seit Jahren betriebene Projekt wieder hoffen.

Die Disziplin, so Husslein, hat sie beim Eiskunstlaufen gelernt – sie war Staatsmeisterin im Eistanzen. Bisher ist sie übrigens die einzige Frau in der Chefetage eines Bundeskunstmuseums. Nächstes Jahr bekommt sie mit Sabine Haag (KHM) Gesellschaft. Einen Unterschied zu männlichen Museumsleitern sieht Husslein sehr wohl: „Frauen haben eine größere emotionale Intelligenz und Sensibilität. Und sie sind auch keine Egomanen, die Sache geht immer vor. Ich weiß, dass jeder Mensch ersetzbar ist.“

Mauerblümchen ist Husslein beileibe keines. Aber ihre langwierige Fußverletzung und der Dauerstress seit ihrem Amtsantritt zehren natürlich. Was tut sie, um immer wieder neue Kraft zu tanken? Hussleins Antwort: „Wenn ich einmal eine kleine Depression habe, dann schaue ich vom Oberen Belvedere aus dem Fenster über die Stadt und denke: Was für eine Gnade, so einen Job zu haben, reiß dich zusammen, Mäuslein.“

AUF EINEN BLICK

Kandidatin Husslein.
Agnes Husslein-Arco leitet seit 2007 das Belvedere. Sie krempelte das Traditionsmuseum zu einem modernen, international vernetzten Betrieb um. Im Jahr 2007 kamen 600.000 Besucher, 30 Prozent mehr als zuvor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2008)

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