Porsche-Museum: Am Porsche-Platz, nicht zu verfehlen

(c) Reuters (Michaela Rehle)
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In Stuttgart hat die Autofirma Porsche einen spektakulären Neubau errichten lassen, in dem die ebenso spektakulären Preziosen des Hauses eine angemessene Heimstatt finden – und die Besucher auch.

Das alte Porsche-Museum in Stuttgart, das dieser Tage seine Pforten schließt, weil das neue eröffnet, war über Jahrzehnte der irgendwie verlegen dargebotene Anachronismus einer elitären Automarke: eine ausgediente Fertigungshalle, in der kaum 20 Autos des 400 Stück umfassenden Werksfundus aufgefädelt standen, als ginge es demnächst zum Lackieren und in die Ausfertigung.

Einen Espresso bekam man dort so wenig wie Multimediazauber oder mehrsprachige Ausführungen der spärlichen Beschriftungen. Dafür standen die Chancen nicht schlecht, dem Guru himself über den Weg zu laufen: Klaus Bischof, dem seit Urgedenken die Pflege des Altbestands obliegt und der als weltweit höchste Instanz in Porsche-Fragen gilt, konnte man unter solch glücklicher Fügung jederzeit zwanglos anplaudern.

Die Fans und Porsche-Besitzer, die aus Denver, Philadelphia oder Zürich anreisten, staunten nicht schlecht in der zugigen Halle, man hatte vielleicht ein bisschen mehr Hightech erwartet; ergriffen waren sie dennoch, schließlich: heiliger Boden. Zum Abschluss ließen sie sich, der smarte Jungunternehmer wie der millionenschwere Rinderzüchter, breit grinsend vorm Ortsteilschild „Zuffenhausen“ knipsen.

Die Pilgerstätte hat nun eine Kathedrale bekommen, die sich nostalgische Lieblichkeit kühl von den Schultern wischt: Ein paar Gehminuten vom alten Museum entfernt detoniert an einem unscheinbaren Kreisverkehr in Stuttgarts Industrieperipherie, dem Porsche-Platz, der spektakuläre Neubau des Wiener Architektenbüros Delugan Meissl.

Landerampe für Raumschiffe

Dieses berichtet über das Wesen des Baus, frei aus dem Architektensprech übersetzt, etwa Folgendes: Ein kleiner, flacher Sockel symbolisiert die Verwurzelung mit der 600.000-Einwohner-Stadt, während der auf drei Säulen ruhende Museumskörper, der wie eine Start- und Landerampe für Raumschiffe wirkt, den himmelstürmenden Ingenieursdrang der Marke darstellt. Zudem war das Bauwerk statisch von einer solchen Herausforderung, wie man sie vor wenigen Jahren noch nicht bewältigt hätte.

Man kann vor allem davon ausgehen, dass Porsche sich keine Banalität gewünscht hatte, wo doch vor drei Jahren, nur ein paar Kilometer entfernt, das Mercedes-Museum als hochkarätige Doppelhelix entstanden ist. Damit erklärt die Autoindustrie nach München (BMW Welt von Coop Himmelb(l)au) und Wolfsburg (Autostadt) nun auch Stuttgart zum Hotspot für Architektur- und Autofans gleichermaßen.

Solche von Porsche wissen zu schätzen, dass sie den Mantel getrost an der Garderobe abgeben können: Hier wird gut geheizt. Aus dem luftigen Eingangsbereich, der bewusst offen und ohne Drehkreuze (im Fachjargon unschön:Vereinzelungsanlagen) gehalten wurde, gelangt man über das Nadelöhr einer Rolltreppe empor in den Ausstellungsbereich. Zwischen 80 und 90 Autos werden ihn als Mutterhaus benützen, ihr Alltag als museale Exponate soll regelmäßig mit Straßeneinsätzen aufgefrischt werden.

Der „laufende Austausch“ steht für die Idee vom rollenden Museum, in dem kein Staub angesetzt wird. Es hat Charme, dass jedes Exponat fahrbereit ist, ein paar Liter Sprit im Tank hat und auch anspringen würde, zumindest, wenn Klaus Bischof dem Blech gut zuredet. So kann sich der geneigte Besucher in die Frage vertiefen, ob er eher den Fahrersitz eines 917, dem Le-Mans-Veteranen, oder eines 356 von 1948 gewinnen würde, um gleich darauf über die Rampe ins Freie zu flüchten. Bei Mercedes ginge das von vornherein nicht: Der Bau gilt als Hochhaus und unterliegt strengen feuerpolizeilichen Bestimmungen, während Porsches Brückenbau allerlei Freiheiten gewährt.

Keine Aufpasser

Die Schau ist annähernd spiralförmig angelegt und erlaubt das Hin- und Herwechseln zwischen zeitlicher und thematischer Ebene. Erstaunlich freizügig wird Zugang zu den Modellen gewährt, die frei von Absperrungen dastehen; anstelle von Aufpassern sollen lediglich Erklärer sachdienlich wirken. Der Glaube an den sittsamen Besucher, der sich nicht für einen Schnappschuss ins Formel-1-Cockpit zwängt und dabei den Außenspiegel abbricht, möge lange währen. In der Fantasie allerdings besteht stets akute Fluchtgefahr, so verführerisch und wie achtlos geparkt wirken manche Preziosen.

200.000 Besucher erwartet Porsche jedes Jahr. Das scheint tief gegriffen – es fanden schon ins alte 80.000 jährlich, und die Wegweiser waren gut versteckt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2009)

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