Es muss (nicht) immer Malerei sein

"Change" von Brigitte Kowanz(c) Belvedere
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Werke aus der Sammlung Ploner schließen klaffende Lücken im Bestand des Belvedere. Das sieht man in „Selbstverständlich Malerei!“ in der Orangerie.

Eine über Jahre gewachsene Privatsammlung auf Raten und in drei verschiedenen Häusern auszustellen ist ein undankbares Unterfangen. Zumindest für die Pressesprecher der Museen, denn berichtet wird in diesem Fall wohl meist nur ein einziges Mal, nämlich beim ersten Mal – und das fand in der Albertina statt: Mit der Ausstellung „Abstraktion in Österreich“ zeigt man hier mit großer Geste den Hang der österreichischen Künstler zur Auflösung ihrer selbst, also der Form.

Was durchaus einmal gendertechnisch zu untersuchen wäre. Denn hier scheint es, also ob ausschließlich die männliche Künstlerschaft derart um die Form gerungen hat, von Mikl über Brandl bis Rockenschaub. Geschenkt, den Herren, prinzipiell. So entsteht vor allem ein falscher Eindruck von der Sammlung Ploners als Ganzes.

Denn erst einmal geschenkt hat hier vor allem eine Dame, Regina Ploner, Witwe des 2011 tragisch früh verstorbenen Heinz Ploners. In 20 Jahren hat der Jurist und Betriebswirt eine rund 350 Werke umfassende Sammlung aufgebaut, nicht nur österreichischer Maler, aber vorwiegend. Nicht nur männlicher Künstler, aber doch vorwiegend. Und vorwiegend scheint er auch bei österreichischen Galerien gekauft zu haben, vorbildlich. Zu Beginn noch bei Peter Pakesch, der einige der damals „Neue Wilde“ genannten heutigen Malerstars im Programm führte.

Man spürt den Geist des Sammlers

Heute ist Pakesch Intendant des Joanneum, klar, dass auch dort, in der Neuen Galerie in Graz, ein Teil dieses Vermächtnisses landete; ab 3.März 2016 wird dieser dort zu sehen sein. Den größten Brocken aber sicherte sich das Belvedere, es hatte allen Anschein nach auch den dringlichsten Bedarf, wie man fassungslos feststellen muss: Keine, tatsächlich keine großen Arbeiten von Hubert Scheibl, Herbert Brandl, Peter Pongratz oder Erwin Bohatsch waren bisher dort abrufbar. Erst hegte man in der „Österreichischen Galerie“ augenscheinlich kein Interesse an diesen malerischen Positionen, die in Wien doch einigermaßen dominieren. In jüngerer Zeit hätte man sie sich dafür nicht mehr leisten können, sagt Kurator Harald Krejci.

Aus 109 Werken, die aus der Sammlung Ploner in den Besitz des Belvedere übergingen, suchte er nun für die Präsentation die 44 musealsten aus. Gezeigt werden, anders als in der Albertina, ausschließlich Arbeiten aus der Schenkung, wodurch man zumindest ein wenig das Gefühl hat, auch den Geist des Sammlers hier wehen zu spüren. Mit dem „Blauen Schreitenden“ von Mikl fing es in den Neunzigerjahren für Ploner mit der Kunst an, ganz klassisch hing das rot-blaue Hochformat damals noch im Wohnzimmer. Jetzt hängt es in der Orangerie des Belvedere. Dazwischen liegen unzählige Atelierbesuche, Künstlergespräche, Sitzungen im Mumok, in dessen Advisory Board Ploner ab 2004 saß (hier landete dennoch kein Stück der einst, 2004, hier präsentierten Sammlung, interessant). Neben der ersten Arbeit fand auch einer der letzte Ankäufe Ploners Eingang ins Belvedere, Brigitte Kowanz' kreisförmig geschlossene Neonschrift „Change“.

Diese Veränderung gab es, Ploner schien immer offener geworden zu sein, immer interessierter, vertiefter in Kunst, die nicht unbedingt mehr Malerei sein musste, um sich mit Malerei zu beschäftigen. Markus Huemer scheint bei diesem „Change“ eine Rolle gespielt zu haben, von ihm kaufte Ploner mehrere Installationen, zu sehen ist jetzt „Blue and Blue over Black“, eine Art Mark-Rothko-Gemälde in 3-D: In einem schwarzen Raum leuchten zwei tiefblaue Flächen, die puren Projektionsflächen zweier Projektoren. So weit kann's kommen, wenn man anfängt, sich halbwegs abstrakte Malerei über die Couch zu hängen.

Die drei Museen können sich jedenfalls glücklich schätzen, derlei Zuwächse erhalten zu haben. Ohne Auflagen noch dazu. Kein Wunder, dass die drei Institutionen im gemeinsamen Katalog der Sammlung Ploner von einem Musterbeispiel der Zusammenarbeit von privat und Staat (bzw. Land) schwärmen. Ein gemeinsamer Ausstellungstermin wäre da schon kitschig gewesen. So sind es eben Ploner-Festspiele. Oder noch besser: Festspiele der Malerei.

DIE SAMMLUNG PLONER

Heinz Ploner, der Bruder von Max Weilers Frau Yvonne, ein Jurist und Betriebswirt, begann 1997, Kunst zu sammeln. Nach seinem Tod 2011 entschied sich seine Witwe Regina, im Sinn ihres Mannes die rund 350 Werke umfassende Sammlung der Öffentlichkeit zu schenken. Das Belvedere durfte sich 109 Werke aussuchen, das Joanneum in Graz erhielt knapp 50 Arbeiten (vorwiegend abstrakte Malerei), die Albertina 70 kleinere Gemälde und Grafiken.

Die Albertina zeigt bis 6.September „Abstraktion in Österreich“, chronologisch gehängt, u.a. mit Werken von Gunter Damisch, Herbert Brandl, Gerwald Rockenschaub, Markus Huemer.

Die Orangerie im Belvedere zeigt bis 27.September „Selbstverständlich Malerei!“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2015)

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