Kunst im Salzburger Sommer: Almhütte und Ming-Tempel

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Salzburg Foundation und Kunstverein zeigen Installationen im großen Maßstab, die Galerien setzen vor allem auf Malerei.

Gewiss, im Salzburger Kultursommer geben die Festspiele mit Schauspiel, Oper und Konzerten den Ton an. Doch schon 1953 hat mit der Gründung der Internationalen Sommerakademie durch Oskar Kokoschka und Friedrich Welz die bildende Kunst nachgezogen. Sie und etliche Museen – darunter das Museum Moderner Kunst am Mönchsberg (dessen Ausstellung „E.A.T.“ bereits am 28.7. hier besprochen wurde) – und Galerien lassen auch die bildende Kunst in Salzburg sommers blühen.

Der Konnex zu den Festspielen ist dabei bald stärker, bald schwächer. Ganz ausblenden lassen sie sich als Folie wohl nie. Mit der Einladung, zwei Vitrinen in der Kunst- und Wunderkammer des Dommuseums zu gestalten, hat die Frankfurter Künstlerin Nora Schultz, Jahrgang 1975, sozusagen einen Logenplatz erhalten, liegt diese doch direkt oberhalb der Jedermann-Bühne.

Countdown als Memento mori

Schultz, die an der Sommerakademie einen Kurs über „skulpturale Produktion“ hält, ist Spezialistin für die Analyse von Räumen und Stimmungen. Für ihre Intervention inmitten von Riesenmuscheln, Globen, seltenen Steinen, ausgestopften Tieren, Kruzifixen, Pokalen, Trinkhörnern u.dgl. hat sie die Rokokovitrinen mit einem modernen Scherengitter ausgestattet, wie es bisweilen als Kleiderablage verwendet wird. Dahinter finden sich drapierte Fotopapiere, spiegelnde und bunt lasierende Folien sowie eine Kartontafel mit einem Text, der einen Countdown nackter Zahlen anstimmt – 10, 9, 8, 7 usf. –, um in einem Countdown von Mänteln auszuklingen. Das spielt auf den Theateralltag an, wirkt zugleich als dunkles Memento Mori.

Ebenfalls von Vergänglichkeit, aber auch von Historizität handelt der heurige Beitrag der Salzburg Foundation: Der chinesische Starkünstler Zhang Huan errichtete auf dem Krauthügel in Leopoldskron „My Temple“, eine aus den Fragmenten eines Ming-Tempels errichtete Ruine. Vom First baumelt ein schlapper Plastiksack als Referenz an die Gegenwart. Die monumentale Installation erinnert an Ai Weiweis Documenta-Arbeit von 2007, jenen Holzturm aus alten chinesischen Türen und Fenstern, der kurz nach der Eröffnung vom Wind zerstört und von Ai Weiwei in diesem Zustand autorisiert wurde. Der Déjà-vu-Effekt degradiert Zhang Huangs Aufbau dann doch zu einer mäßig originellen Kulisse, die auf der grünen Wiese obendrein eher deplaziert wirkt.

Großmaßstäbliche Skulpturen in Form nachgebauter Räume scheinen derzeit in Salzburg beliebt. Eine spannendere, weil versponnenere Variante liefert die Düsseldorferin Paloma Varga Weisz mit einer von innen beleuchteten primitiven Almhütte, die sie mitten in den verdunkelten Hauptraum des Salzburger Kunstvereins transferiert hat. Tür- und Fensterverschläge sind alle verriegelt, Einblicke und Ahnungen gewähren einzig ein paar Ritzen und Astlöcher, durch die bald eine sitzende Männerfigur mit penisförmiger Nase, bald eine Frauenfigur im Mieder, ein Affe sowie ausgestopfte Jagdtrophäen erspäht werden können. „Glory Hole“ lautet der Titel der Installation. Der Fantasie des Betrachters sind keine Grenzen gesetzt.

Thema bei Curtze: Körpersprache

Demgegenüber präsentieren sich die Galerien mit nachgerade soliden, gut zu verkaufenden Ausstellungen. Mario Mauroner zeigt mit „Parcours d'art“ 22 hochkarätige Werke von Galeriekünstlern, die alle an der Kunstbiennale von Venedig teilgenommen haben, schwerpunktmäßig Bildhauer, darunter Jan Fabre, Tony Cragg, Walter Pichler, aber auch Maler wie Herbert Brandl, Joan Hernández Pijuan. Heike Curtze, die zum 14.Mal im Sommer in Salzburg gastiert, hat Bilder und Zeichnungen rund ums Thema Körpersprache sowie eine „Hommage an Arnulf Rainer“ mitgebracht. Nikolaus Ruzicska setzt unter dem Titel „The Shadow of Your Smile“ auf Abstraktion, Geometrie und Monochromie, mit Werken von zwölf Galerie- und Gastkünstlern, darunter François Morellet und Peter Halley mit frischen Arbeiten.

Aufmerken lässt Junggalerist Gerald Trapp in der Griesgasse: Mit seinem Fokus auf österreichischer Kunst schickt er sich an, die Lücke in Salzburg zu schließen, die sich mit dem Rückzug der Galerie Altnöder 2014 aufgetan hat. Zumal die aktuelle Präsentation von auf zarteste verwobenen Pflanzenbildern von Alois Mosbacher sollte man sich nicht entgehen lassen. Vergleichsweise pathetisch kommen die monumentalen Ölbilder zu Themen wie Macht und Aggression von Yan Pei-Ming daher, die Thaddäus Ropac zeigt.

Dommuseum: Nora Schultz, „Die Geschichte vom Countdown“, bis 27.8.

Salzburg Fondation, Zhang Huan, „My Temple“, in Leopoldskron (Brunnhausgasse), bis 29.9.
Salzburger Kunstverein, Hellbrunner Straße 3: Paloma Varga Weisz, „Glory Hole“, bis 6.9.

Mario Mauroner Contemporary Art, Residenzplatz 1.
Galerie Curtze und Seiser,
Wiener-Philharmoniker-

Gasse 2: „Hommage an Arnulf Rainer“, bis 11.8.
Galerie Nikolaus Ruzicska, Faistauergasse 12.

Galerie Trapp, Griesgasse 6, bis 29.8.

Galerie Thaddäus Ropac, Villa Kast, bis 28.8.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2015)

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