Das Festival als Türöffner

Die Straße aus der Fotografenperspektive ist auch Teil des Programms.
Die Straße aus der Fotografenperspektive ist auch Teil des Programms. Architekturtage
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Die Architekturtage öffnen im Juni wieder im ganzen Land Häuser, Büros und neue Zugänge.

Werte? Gerade bei Gebäuden scheinen oft nur jene interessant, mit denen man die Renditen beziffert. Andere, die eher spürbar als kalkulierbar sind, die baukulturellen etwa, muss man sich erst einmal leisten wollen als Bauherr. Jeder Bau sollte ein Kulturbau sein, fordern renommierte Architekten, selbst wenn die Häuser keine Philharmonie, Kunstwerke oder Bücher beherbergen, sondern ganz Grundlegendem dienen. Wie dem Wohnen, Arbeiten oder einfach Dach-über-dem-Kopf-Haben. Wie Kunstwerke werden diese Bauten selten bewundert, selbst wenn zahlreiche Architekten bemüht sind, ihnen Werte mitzugeben, die über finanzielle weit hinausgehen. Eine Haltungsfrage eben. Deshalb ist auch "wert/haltung" das Überthema der Architekturtage im Juni. Alle zwei Jahre schleusen sie die Menschen für zwei Tage auf die andere Seite: jene, die sich hinter Hausfassaden und Fachsprech versteckt. Sie schließen Häuser, Architekturbüros und Zugänge auf, über die man auch zu der Erkenntnis gelangt, dass man Architektur nicht nur benutzen, sondern auch erleben kann. In neun Bundesländern öffnen sich die Türen. In Oberösterreich hat Margit Greinöcker, die für das Architekturforum Oberösterreich das Programm kuratiert hat, den Schwerpunkt auf das Thema "gute Zusammenarbeit" gelegt. "Unsere Umgebung ist nicht aus einzeln isolierbaren Elementen zusammengesetzt. Themen greifen ineinander, Nutzungen und Nutzergruppen überschneiden sich. Gute Gestaltung ist deshalb nur als Gemeinschaftsleistung zu haben. Weniger Egoismus und Konkurrenzdenken, mehr offene Gespräche und Kooperationen sind gefragt", sagt Greinöcker. Auch in der Kommunikation gehe es naturgemäß ebenso um Werte, die man bei anderen Projekten feststellt, nicht nur bei den eigenen: "Wertschätzung ist ein wichtiger Punkt. Deshalb laden wir auch bei einer Pecha-Kucha-Night etwa Architekten ein, die Werke anderer vorzustellen."

Die Architekturtage sind die größte Veranstaltung Österreichs für Architektur und Baukultur, das Programm gestalten jeweils die Architekturhäuser in den Bundesländern. Sie bieten Gelegenheit, Experten in neue Räume und Zusammenhänge zu folgen, oder den Architekten auf die Bildschirme und Schreibtische zu sehen. In der Reihe "Zu Gast bei" laden Architekturbüros ein. Und sprechen etwa in Oberösterreich auch darüber, wie man so spricht, zwischen Bauherren und Architekten. "Das Architekturforum Oberösterreich wird voll sein vom Keller bis unters Dach", sagt Greinöcker. Und auch der Herbert-Bayer-Platz davor. Mit Installationen und "raumbil denden Modulen", die zeigen, dass Raumgestaltung nicht nur Aufgabe der Architekten ist, sondern aller.

Wege hinter die Architekturkulissen. Die Frage, die sich die Architekturtage diesmal stellen: Was leistet die Architektur für die Gesellschaft? Der soziale Wirkaspekt der Disziplin steht auch bei der Architekturbiennale in Venedig in diesem Jahr im Vordergrund. Caramel Architekten, die auch beim österreichischen Beitrag mitwirken, zeigen auch in Linz während der Architekturtage, wie Architektur dazu beitragen kann, aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen, erzählt Greinöcker. Mit raumbil denden Stoffschirmen etwa, die Flüchtlingen in ihren Quartieren auch Rückzugsräume eröffnen. Aber auch ganz anderen Dingen kann man während der Architekturtage in den Bundesländern auf den Grund gehen: dem Strukturwandel der Dörfer etwa, in Kärnten lassen sich auch experimentelle Ansätze direkt im Domenig-Steinhaus am Ossiachersee erkunden. In Niederösterreich konzentriert sich das Programm diesmal auf Krems, auf Leerstand und temporäre Nutzung in Salzburg. Eine leer stehende Kaserne fungiert dort als Ausgangspunkt für räumliche und gedankliche Exkursionen.

("Kultur Magazin", 15.04.2016)

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