Schatzkammer: Messgewänder mit Kipferln und Papageien

Mitra, Widmung Kaiser Karls VI. (1685–1740).
Mitra, Widmung Kaiser Karls VI. (1685–1740). KHM-Museumsverband
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Eine zauberhafte Ausstellung zeigt kirchliche Textilien aus der Zeit Maria Theresias.

Wer stickt, sündigt nicht.“ Das ist wohl richtig. Dass Kaiserin Maria Theresia selbst diesen Spruch tätigte, wohl weniger. Er wurde ihr posthum im 18. Jahrhundert von der Leiterin der k. u. k. Hofstickschule in den Mund gelegt. Man fühlt sich dennoch an ihn erinnert, steht man mitten in der zauberhaften Ausstellung historischer Priestergewänder im bisher nur selten bespielten Sonderausstellungssaal der Geistlichen Schatzkammer im Schweizerhof, gleich neben der Hofburgkapelle. Hier hat die Textil-Kuratorin des Kunsthistorischen Museums, Katja Schmitz-von Ledebur, die Highlights des 1700 Nummern umfassenden Bestands an kirchlichen Textilien, den sogenannten Paramenten, zu einer Art Catwalk der Pietas Austriaca, also der Kirchentreue der Habsburger, inszeniert. Catwalk, weil eigens für diesen eigentlich wenig attraktiven Raum, der einmal zur Wohnung des Hofburgkapellen-Priesters gehörte, eine elegant geschwungene Vitrine angefertigt wurde, die jetzt einen schönen Umgang ermöglicht.

Elegantes Recycling

Hier prangen jetzt wie in einer High-Fashion-Ausstellung die prächtigsten Gewänder aus der Zeit Maria-Theresias. Was deswegen durchaus stimmig ist, stammen die hier verarbeiteten schicken französischen Seidenstoffe doch ursprünglich von recht profaner Kleidung oder Raumausstattung ab. Recycling der äußerst eleganten Art, muss man sagen. Und natürlich mit leicht christlich-abergläubischem Hintergedanken. So wurde etwa das Wams, das Franz Stephan von Lothringen bei seiner Hochzeit mit Maria Theresia trug, für eine Festkasel gestiftet (daneben sind übrigens erstmals seit Langem wieder die Eheringe der beiden ausgestellt, die später Kronprinz Rudolf mit seiner Stephanie von Belgien weniger Glück brachten). Es wurde aber auch der Schlafrock Franz Stephans weiterverwendet, wie man vom wunderschönen Katalog lernt.

Überhaupt sind in diesem selten beleuchteten Kapitel erstaunliche Geschichten zu finden. Allein diese Namen! Nicht nur die Namen der Bestandteile des Messornats eines katholischen Priesters selbst – Kasel (Obergewand), Pluviale (prächtiger Umhang), Manipel (Tuch, das über dem linkem Unterarm getragen wurde), Albe (Tunika-Untergewand) et cetera. Auch die Namen der einzelnen Ornate, also der ganzen Garnituren: Allen voran das Paper-Ornat, benannt nach der Wiener Bezeichnung für den Papagei, der hier überall auf dem kostbar verarbeiteten Stoff zu entdecken ist. Allerdings versteckt, denn Köpfe und Krallen der Papageien wurden mit Stoffblüten aus Seide verdeckt. Das wäre wohl doch zu profan gewesen; der Stoff soll einmal eine Wandbespannung eines spanischen Schlosses gewesen sein.

Rücken zum Volk

Das „Kipferl-Ornat“ erklärt sich dagegen recht schlicht durch die eindeutig an dieses Gebäck erinnernde Ornamentik an der Rückseite der Kasel. Diese war damals übrigens die wichtigste Seite des Gewandes, die Schauseite, schließlich zelebrierte der Priester (vor dem Zweiten Vatikanum) noch die Messe mit dem Rücken zum Volk.

Das ist einer der größten Unterschiede zu zeitgenössischen Priestergewändern, zu denen die Kuratorin einen didaktisch klugen Schlenker macht: Der Vergleich ist gerade im krassen Gegensatz interessant, greift der eingeladene Künstler Christof Cremer in seinen Entwürfen doch bewusst auf noch ältere Formen zurück, vom Schnitt her auf die mittelalterliche Glocken-Kasel, aber auch auf die damals übliche Lesbarkeit der Ornamentik, die theologisch narrativ oder metaphorisch gedeutet werden sollte. Was bei der barocken Ausstattung weniger wichtig war, da musste der Dekor vor allem ästhetisch mit dem Umraum der Kirche funktionieren. Ein Gesamtkunstwerk. Mit dem überstickten Morgenmantel des kaiserlichen Gemahls in der Mitte.

„Gottes Lob“, bis 7. November. Täglich außer Dienstag von 9 bis 17.30 Uhr, Tickets am Eingang der Kaiserlichen Schatzkammer, Schweizerhof.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2016)

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