Kunstrekorde und Kurioses

US-AUCTION-ARTIST MUSE: A CURATED EVENING SALE
US-AUCTION-ARTIST MUSE: A CURATED EVENING SALEAPA/AFP/TIMOTHY A. CLARY
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Das Auktionshaus Christie's feiert sein 250-jähriges Bestehen. Begonnen hat es mit der Versteigerung von Hausrat, heute ist Christie's ein globaler Player.

Im Dezember 1766 schwang James Christie, Gründer des Auktionshauses Christie's, zum ersten Mal den Auktionshammer. Er verklopfte den Hausrat eines Adeligen, ganze fünf Tage lang. Das Angebot war sehr durchmischt und reichte von Möbeln über Silber, Schmuck und Porzellan bis zu Pferden, Kutschen, Heuhaufen und Tulpenzwiebeln. Sogar ein speziell angefertigter Sarg befand sich unter den Losen. Aber sehr rasch hatte Christie, der über exzellente Beziehungen zur künstlerischen Elite verfügte, das Angebot um Kunst erweitert.

„James Christie war zu seiner Zeit absolut ausschlaggebend für die Etablierung eines kulturellen Zentrums in Großbritannien“, sagt Jussi Pylkkänen, Christie's-Präsident für Europa und Nahost, zur Nachrichtenagentur dpa. Zu einer Zeit, als es so große Kunsteinrichtungen wie die Royal Academy (gegründet 1768) und die National Gallery (gegründet 1824) noch nicht gab, machte er das Auktionshaus zum Mittelpunkt des kulturellen Austauschs. Christie genoss Zugang zu hohen gesellschaftlichen und königlichen Kreisen von Frankreich bis Russland. So vermittelte er beispielsweise den Verkauf der Sammlung von Sir Robert Walpole an Katharina die Große von Russland. Die Sammlung ist heute Teil des Bestandes der Eremitage in St. Petersburg.

Gesellschaftliche und politische Verwerfungen spiegelten sich im Geschäft wider. Die Auflösung von Kunstbesitz nach den Wirren der Französischen Revolution von 1789 markierte für Christie's eine Blütezeit, ebenso die Juwelenverkäufe der europäischen Aristokratie nach dem Ersten Weltkrieg.

King Street. An den heutigen Firmensitz in der King Street im Londoner Stadtteil St. James zog das Haus 1823 unter James Christie Junior, Sohn des Gründers. Erst 1977 eröffnete Christie's die erste Niederlassung in New York, im Delmonico Hotel in der Park Avenue. Nach dem Umzug von der Park Avenue ins Rockefeller Center im Jahr 1999 fanden am neuen Standort wegweisende Auktionszuschläge statt, insbesondere für Klassische Moderne und zeitgenössische Kunst. Seit 1998 gehört Christie's zum Imperium des französischen Unternehmers François Pinault, der selbst ein begeisterter Kunstsammler ist. Heute setzt die Firma mit 2500 Mitarbeitern weltweit 4,8 Milliarden Pfund um.

Christie's hat einen beeindruckenden Trackrecord für Rekordpreise. So war es dieses Haus, in dem zum ersten Mal die Marke von einer Million Pfund erreicht wurde, für ein Gemälde von Diego Velázquez im Jahr 1970. Zu den spektakulärsten Zuschlägen der jüngeren Vergangenheit gehört „Les femmes d'Alger“ von Picasso. Das Bild wurde 2015 mit 179 Millionen Dollar zum teuersten je verkauften Kunstwerk. Kurz davor fuhr Christie's auch den damals höchsten Preis von 170,4 Millionen Dollar für Modiglianis „Nu couché“ ein und 2013 für Francis Bacons „Three Studies of Lucian Freud“ mit 142,4 Millionen Dollar den Rekord für ein zeitgenössisches Werk. Auch bei den Skulpturen hat Christie's den Auktionsrekord gebrochen, und zwar ebenfalls 2015 für Alberto Giacomettis „Zeigender Mann“. Die Statue wurde für 141,3 Millionen Dollar zugeschlagen.

Kurioses. Doch nicht immer werden nur elitäre Kunst und Luxusobjekte versteigert. In der Kategorie Kurioses und Memorabilien hat Christie's einiges zu bieten, wie ein britisches Spitfire-Kampfflugzeug, das 3,1 Millionen Pfund erzielte, oder Pelés Fußballtrikot für immerhin 157.750 Pfund. Und auch Audrey Hepburns kleines Schwarzes aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“ wechselte um knapp 500.000 Pfund bei Christie's den Besitzer.

Österreich spielt in der Geschichte keine unwichtige Rolle. Vor allem von Restitutionen hat das Haus sehr profitiert. Ein Meilenstein war die im Oktober 1996 von Christie's durchgeführte Mauerbach-Benefizauktion. Der Erlös der von Christie's unentgeltlich im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs durchgeführten Auktion von 14,5 Millionen Dollar kam Opfern des Holocaust und ihren Familien zugute. Die Auktion umfasste Kunstwerke, die die Nationalsozialisten zwischen 1938 und 1945 beschlagnahmt hatten und deren Besitzer nicht mehr ermittelt werden konnten. Es war ein wesentlicher Schritt, sich mit dem Thema Restitution auseinanderzusetzen und war sicherlich mit ein Grund, dass zwei Jahre später in Österreich das Restitutionsgesetz verabschiedet wurde. In der Folge wurden einige große Restitutionen über das Haus abgewickelt. Zu den spektakulärsten Rückgaben gehörten die fünf von der Galerie im Belvedere restituierten Klimt-Gemälde an die Erben von Ferdinand Bloch-Bauer im Jahr 2006. Der Verkauf der „Goldenen Adele“ an den Kosmetikmagnaten Ronald Lauder um 135 Millionen Dollar schrieb Geschichte. Neben der „Goldenen Adele“ wurden aus dem Belvedere das Porträt von „Adele Bloch-Bauer II“ für knapp 89 Millionen Dollar versteigert und die restlichen drei Klimts für insgesamt 104 Millionen Dollar. Somit setzte Christie's mit den Klimts 328 Millionen Dollar um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2016)

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