St. Pölten: Ein Leuchtzeichen für die Kultur

„Fountain“ heißt der LED-Leuchtstrahl, den Brigitte Kowanz von der Glanzstoff-Fabrik herabfallen lässt.
„Fountain“ heißt der LED-Leuchtstrahl, den Brigitte Kowanz von der Glanzstoff-Fabrik herabfallen lässt. (c) Tobias Pilz
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Eine neue Lichtskulptur von Brigitte Kowanz soll die Identität der Landeshauptstadt stärken. Sagt der Besitzer der ehemaligen Glanzstoff-Fabrik, Cornelius Grupp.

In sehr elegantem Bogen schießt die „Fountain“ von Brigitte Kowanz zu Boden, ein gleißend weißer LED-Lichtstrahl aus 25 Metern Höhe, von einem der alten, denkmalgeschützten Wassertürme der ehemaligen Glanzstoff-Fabrik auf den St. Pöltener Boden davor. Ganz frisch ist dieser Einschlag noch, gerade erst wurde damit die 2008 nach einem Brand eingestellte Viskosefabrik neu „eingeleuchtet“. Die Lichtskulptur soll jedenfalls das Zeichen einer Neuorientierung dieses Geländes sein, das St. Pölten auch olfaktorisch mehr als 100 Jahre geprägt hat, wie der Besitzer, der österreichisch-deutsche Industrielle Cornelius Grupp, erzählt.

Stadt und Fabrik, so Grupp, hatten immer schon „ein schwieriges Verhältnis“ zueinander. Auf der einen Seite sei es den Leuten hier gut gegangen, wenn es der Glanzstoff gut ging, die er 1994 übernommen hatte. Bis zu 3000 Arbeitsplätze habe er hier schaffen können. Auf der anderen Seite „stank es in der ganzen Stadt wie nach faulen Eiern“, erinnert sich Grupp – „es war grauenhaft“.

Neue Formen des Wohnens

Seit der Einstellung probiert der Unternehmer (CAG-Holding) aus, was hier funktionieren könnte. Die St. Pöltner New-Design-Universität gehörte zu den Mietern, zog aber wieder aus, so Grupp. Jetzt sollen neue Formen des Wohnens einziehen – „ich bin nicht jemand, der schnell etwas entwickeln will, um Profit rauszuschlagen“, meint Grupp. Es gehe ihm darum, etwas zu entwickeln, was in dieser schönen, alten Substanz, die für so viele Generationen prägend war, Sinn hat. Er will sie „in die Gegenwart holen“. Das geschah schon einmal 2015, „großartig“, erinnert sich Grupp, als hier das partizipative „Bürgertheater“ mit über 50 Laiendarstellern Felix Mitterers Theaterstück „Glanzstoff“ vor Ort aufführte.

Kowanz soll diesem angestrebten Bogen von Vergangenheit in die Zukunft mit ihrer „Fountain“ jetzt ein langfristiges Denkmal setzen. Durch die Skulptur käme man jetzt gar nicht mehr umhin, hofft Grupp, sich etwas Besonderes für dieses Gelände zu überlegen. Wofür es schon „die verschiedensten Überlegungen mit der Stadt gibt“, sagt er. Eine „dümmliche, scheußliche Wohnanlage“ soll es jedenfalls nicht werden, versichert er. „Die Leute sollen gern dort sein, sollen den Ort selbst aktivieren.“ Etwa in der „prachtvollen Turbinenhalle“, wo schon bisher Konzerte oder eben Mitterers Theater stattfand.

Wäre das nicht die Möglichkeit für eine Art österreichische Tate-Modern? „Dafür wäre ich völlig offen“, sagt Grupp lachend, der jahrelang Präsident des Freundesvereins des Wiener MAK war, jetzt immer noch dort engagiert ist und in seinem Aluminiumwerk Neuman in Lilienfeld seit den 1980er-Jahren Künstler arbeiten und experimentieren lässt.

Mehr kulturelle Aktivität, mehr kulturelles Profil wären jedenfalls für die recht fragile Identität, die Grupp St. Pölten konstatiert, dringend notwendig. „Das Festspielhaus ist zwar sehr gut. Das Landestheater bemüht sich sehr. Die Fachhochschule Kommunikation ist exzellent, die Design-Uni auch“, sagt er. Aber vieles habe man zuletzt nach Krems hin orientiert, die „Landeshauptstadt wurde bei diesen Entwicklungen zu wenig bedacht“. Darin sieht er jetzt aber auch eine Chance, für Glanzstoff, ausgezeichnet durch Kowanz' Lichtbogen: „Mit diesem neuen Wahrzeichen wird man sich messen müssen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2017)

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